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"Ich habe im Wahlkampf ganz deutlich gespürt, dass es eine große Sehnsucht der Menschen nach Antworten auf ihre Fragen, nach Dialog und Diskurs gibt."

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Bei der EU-Wahl hat Othmar Karas 113.000 Vorzugsstimmen erhalten, trotzdem ist sein ÖVP-Kollege Ernst Strasser, der als Spitzenkandidat in die Wahl gegangen war, Delegationsleiter in Brüssel geworden. Karas fühlt sich seinen Vorzugsstimmenwählern aber verpflichtet und hat deshalb angekündigt, ein "Bürgerforum" gründen zu wollen. Aber nicht nur die Vorzugsstimmenwähler sollen damit angesprochen werden, sondern auch alle anderen BürgerInnen, die "Europapolitik aktiver gestalten wollen".

"Die Vorzugsstimmen haben mir die Kraft gegeben, mein Mandat freier auszuüben", erklärt Karas im Gespräch mit derStandard.at. "Jeder weiß, woher ich komme, aber ich bin nicht auf die Partei reduziert." Die 113.000 Vorzugsstimmen seien seine "Hausmacht", die WählerInnen hätten ein Recht darauf, dass er den Versuch starte, "mit ihnen die nächsten fünf Jahre zu arbeiten". Mit seiner Tätigkeit im EU-Parlament will Karas das Projekt jedoch nicht vermischen. Aber: "Ich möchte der Abgeordnete in Österreich sein, der die Vorzugsstimmen nicht nur konsumiert und sich freut, sondern ich verstehe das als Auftrag."

Drei-Stufen-Plan

Konkret will Karas in einem ersten Schritt einen "Think Tank" gründen, an dem rund zwanzig Personen aus verschiedensten Bereichen teilnehmen sollen. "Namen nenne ich noch keine", sagt Karas, aber es seien Personen mit dabei, "die man allen politischen Lagern zuordnen kann". Sie kämen aus den Bereichen, die Europa "ausmachen": Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Religion und Politik.

In weiterer Folge will Karas in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen organisieren und als dritten Schritt im Internet ein Forum einrichten, wo über Politik diskutiert werden kann.

Der Grund für all das: Karas ortet ein Informations- und Kommunikationsdefizit beim Thema Europäische Union. "Ich habe im Wahlkampf ganz deutlich gespürt, dass es eine große Sehnsucht der Menschen nach Antworten auf ihre Fragen, nach Dialog und Diskurs gibt." Er findet schöne Worte: "Wir brauchen eine Revolution der Aufrichtigkeit." Und meint damit einen ehrlichen Umgang mit den WählerInnen.

Keine ÖVP-Initiative

Im September soll eine Klausur mit dem Proponenten-Team stattfinden und ein Leitbild soll erarbeitet werden. Karas betont im Laufe des Gesprächs immer wieder, dass es sich bei dem Projekt um keine ÖVP-Initiative handelt. Er möchte, dass es "auf neutralem Boden" stattfindet. Karas hat deshalb auch die Räumlichkeiten in der ÖVP-Parteiakademie abgelehnt, die ihm ÖVP-Obmann Josef Pröll bei einer Pressekonferenz nach der EU-Wahl angeboten hatte. Auch die Finanzierung des Projektes ist noch offen.

Er ist sich auch bewusst, dass er sich "nicht nur Freunde und Unterstützer" macht. Dennoch ist er zuversichtlich: "Ideen müssen auch anstoßen, weil sonst können sie nichts bewirken. Ich will was bewirken und deswegen werde ich nicht den Weg des geringsten Widerstandes gehen, sondern den, den ich für richtig halte." (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 19.8.2009)