Bild nicht mehr verfügbar.

Vom Polizeipräsidium in Nasran blieb nicht viel übrig: Ein Selbstmordattentäter zündete während des Morgenappells eine Bombe.

Foto: AP/Musa Sadulayev

Moskau bekommt die labile Lage im Nordkaukasus nicht in den Griff. Am Montag kam es in Nasran, der größten Stadt der russischen Kaukasusrepublik Inguschetien, zu einem Selbstmordattentat, das mindestens 21 Menschenleben und 140 Verletzte forderte. Russische Nachrichtenagenturen berichteten, dass bereits vor einigen Tagen eine Warnung vor einem Anschlag bei den Behörden einging. Trotzdem gelang es nicht, das Attentat zu verhindern.

Nach Angaben der Untersuchungsbehörde rammte der Selbstmordattentäter mit einem Kleinbus um neun Uhr morgens das Tor des Polizeipräsidiums und fuhr in den Hof, wo gerade der Morgenappell stattfand. Dort zündete er eine Bombe mit einer Sprengkraft von rund 200 Kilo TNT. Die Bombe riss laut der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass einen Krater von vier Metern in den Boden.

Da in dem Gebäude Munition und Waffen lagerten, kam es in Folge des Anschlags zu weiteren Explosionen. In einem Umkreis von 500 Metern wurden Wohnhäuser beschädigt und rund 30 Autos zerstört. Auch Stunden nach dem Attentat brannte das Gebäude des Polizeipräsidiums noch.

Das Selbstmordattentat ist der bisherige Höhepunkt einer Serie von Gewalttaten in der südrussischen Republik Inguschetien. Erst vergangene Woche wurde der inguschetische Bauminister erschossen. Der inguschetische Präsident Junus-Bek Jewkurow kam Anfang Juni bei einem Attentat auf seinen Wagen nur knapp mit dem Leben davon.

Medwedew unter Druck

Jewkurow, der erst vergangenen Donnerstag in sein Amt zurückkehrte, machte in einem Radiointerview Doku Umarow, den selbsternannten Emir des Nordkaukasus, für den Anschlag auf sich verantwortlich. Die Schuld an der jüngsten Gewaltwelle gab Jewkurow "den USA, Großbritannien und Israel" . Der Westen sei an einer Destabilisierung des Nordkaukasus interessiert und "bemüht, Russland an der Erstarkung zu hindern" , sagte Jewkurow laut der russischen Agentur Ria Nowosti.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat seinen Innenminister Raschid Nurgalijew beauftragt, zusätzliche Maßnahmen zur Herstellung der Ordnung in Inguschetien zu ergreifen. Gegebenenfalls sei das Innenministerium der russischen Teilrepublik aufzustocken.

Laut russischen Politologen setzt die Anschlagsserie in Inguschetien Medwedew, der Jewkurow ins Amt holte, unter Druck. Das jüngste Attentat habe gezeigt, dass die Kaukasuspolitik des Kreml nicht funktioniere. Schon werden in Moskau Stimmen laut, die ein härteres Vorgehen fordern. So hatte sich etwa Michail Grischankow, Leiter des Sicherheitskomitees der Staatsduma, dafür ausgesprochen, über Inguschetien das Antiterror-Regime einzuführen. In der Nachbarrepublik Tschetschenien war das Antiterror-Regime im April nach zehn Jahren aufgehoben worden. Trotzdem kommt es in der Region regelmäßig zu Attentaten und Morden. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 18.8.2009)