Warschau - Die Organisation "Kongress der Polnischen Frauen" hat ein Gesetz erarbeitet, das mehr Frauen in die aktive Politik bringen soll. Es sieht vor, dass die Parteien bei den Wahlen zum Parlament, zu den Bezirksparlamenten und zu den Stadträten die Hälfte ihrer Listenplätze mit Frauen besetzen müssen. "Frauen wollen an der Politik teilnehmen, aber sie fühlen sich bisher ausgeschlossen", kommentierte die ehemalige Frauen-Beauftragte der polnischen Regierung Magdalena Sroda den Gesetzesentwurf gegenüber der Zeitung "Gazeta Wyborcza".

Sonderrechte für Minderheiten

Nach Ansicht des Jus-Professors Piotr Winczorek, der das Projekt mit ausarbeitete, ist die vorgeschriebene Parität der Geschlechter auf den Listenplätzen mit der Verfassung vereinbar. Sie schränke das Wahlrecht der BürgerInnen nicht ein, weil sie ja keine Wahl vorschreibe. "Es gibt weltweit eine Tendenz, gesellschaftliche Gruppen affirmativ zu unterstützen, die in einer schlechteren Situation sind als andere", so Winczorek. Deshalb sehe die polnische Gesetzgebung bei Wahlen auch Sonderrechte für nationale Minderheiten vor: Deren Gruppierungen müssten nicht die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, um ins Parlament zu kommen, erklärte Winczorek.

Nach den Sommerferien wollen polnische Frauen-Organisationen mit der Sammlung von Unterschriften beginnen. Um das Gesetz als Bürgerinitiative ins Parlament einzubringen, brauchen sie 100.000 Unterschriften. Gleichzeitig solle eine landesweite Kampagne für das Projekt gestartet werden, so Sroda. Bisher sind im polnischen Unterhaus (Sejm) knapp über 20 Prozent der Abgeordneten Frauen, im Oberhaus (Senat) sind es nur acht Prozent.

70 Prozent dafür

Für die Parität der Geschlechter auf Wahllisten sprach sich Präsident Lech Kaczynski bei einem Treffen mit Vertreterinnen von Frauenorganisationen aus. Mehr Skepsis herrscht in der rechtsliberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO). Das Presseamt der Regierung veröffentlichte nach einem Treffen von Premier Donald Tusk mit den Aktivistinnen eine vorsichtige Erklärung. "Es ist schwer, die Geschlechter-Parität gesetzlich rasch zu regeln", heißt es dort. Umfragen zeigen, dass etwa 70 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer in Polen für die Parität sind. (APA)