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Züchtig in der Brandung: Die amerika-nische Modeschöpferin Sama Wareh präsentierte schon 2007 ihren "Burkini" in Kalifornien.

Foto: AP/Carlson

Paris/Wien - "Burka" und "Bikini" macht "Burkini". Die jüngste Sommerposse aus Frankreich, wo eine 35-Jährige mit ihrem islamisch inspirierten Ganzkörperbadeanzug nicht ins Schwimmbad durfte, nährt in der Öffentlichkeit die Zweifel an Sinn und Unsinn der Burka-Debatte. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hatte sie für viele überraschend Ende Juni in einer Rede vor Parlament und Senat angestoßen. "Die Burka ist in Frankreich nicht willkommen", hatte der Präsident erklärt. Der Inlandsgeheimdienst der Polizei meldete sich allerdings wenig später auch zu Wort: Die Burka ist in Frankreich ein "winziges Minderheitenphänomen", hieß es in einem ersten Bericht Anfang Juli.

Landesweit ganze 367 Frauen zählten die Spitzel des DCRI in einem zweiten Bericht. Die Mehrheit der Burka-Trägerinnen sei unter 30, ein Viertel bemerkenswerterweise Konvertitinnen, die jüngste Dame mit Ganzkörperverhüllung sei fünf Jahre alt. Rein rechnerisch, so legten die Geheimbeamten dar, kommen auf 90.000 Frauen in Frankreich eine Frau, die sich eine Burka überwirft, wenn sie auf die Straße geht. "Soll man für weniger als 400 Personen ein Gesetz machen?", fragte sich ein Kommentator in der Tageszeitung Le Monde - "die Antwort ist Nein".

Noch keine Entscheidung

Doch Sarkozys Burka-Debatte ist noch lange nicht entschieden. Die Präsidentenpartei initiierte im Parlament einen Untersuchungsausschuss, den sie angesichts der Winzigkeit des Problems in einen "Informationsausschuss" abstufen musste. Bis Jänner 2010 sollen die 32 Parlamentsabgeordneten "ein Bild" über die Verbreitung der Burka in Frankreich erstellen. Jean-François Copé, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei UMP, will am Ende der Studienmission aber erklärtermaßen ein Gesetz zum Verbot der Burka sehen. Geführt wird der Ausschuss von André Gerin, einem Vertreter der fremdenfeindlichen und islamophoben Gruppe innerhalb der kommunistischen Partei Frankreichs, die lange viele Bürgermeister in der Banlieue der Großstädte stellte.

Gerin, ebenso wie andere Burka-Bedenkenträger im Parlament, sieht in dem "Burkini"-Vorfall, der diese Woche publik wurde, schlicht eine Provokation. Die verhinderte Schwimmerin habe bewusst versucht, Aufsehen zu erregen und das Einschreiten der Behörden auszulösen.

Carola, die nur unter ihrem Vornamen bekannt wurde, war das Schwimmen mit dem Ganzkörperbadeanzug aus hygienischen Gründen untersagt worden. Ein "politisches Problem", sagte die Französin. Nach 20 Jahren Debatte über den - sehr viel kleineren - islamischen Schleier sehen sich die Franzosen wieder am Anfang. (Markus Bernath/DER STANDARD-Printausgabe, 14.8.2009)