Seoul/Pjöngjang - Nach viereinhalb Monaten Haft in Nordkorea ist ein Südkoreaner am Donnerstag freigelassen worden. Der Ingenieur Yu Seong-jin, der in dem von Nordkorea und Südkorea gemeinsam betriebenen Industriepark in der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong arbeitete, war Mitte März festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, das kommunistische System des Landes kritisiert zu haben. Ein Sprecher des südkoreanischen Vereinigungsministeriums erklärte in Seoul, der 44-jährige Hyundai-Mitarbeiter sei an seine Firma übergeben worden. Die Chefin des Mutterkonzerns Hyundai, Hyun Jung-eun, hält sich derzeit in Pjöngjang auf, wo sie auch über die Freilassung des Ingenieurs verhandelt hat.

Nordkorea hatte Mitte Mai einseitig alle Verträge über den von Südkorea finanzierten Industriepark für hinfällig erklärt, dem letzten noch verbliebenen gemeinsamen Wirtschaftsprojekt. Das gemeinsame Industrieviertel unmittelbar nördlich der Grenze verbindet billige Arbeitskräfte aus Nordkorea mit der Technik und dem Management aus Südkorea. Die Einnahmen sind eine wesentliche Devisenquelle für den verarmten Norden.

Verschlechterte Beziehungen

Die bilateralen Beziehungen haben sich seit dem Antritt einer konservativen Regierung in Seoul im Februar 2008 verschlechtert, da diese eine härtere Haltung gegenüber Pjöngjang einnimmt. Durch den Start einer Rakete mit größerer Reichweite in Nordkorea Anfang April hatten sich die Spannungen in der Region verschärft. Pjöngjang wies daraufhin alle Atominspektoren der Vereinten Nationen aus und zog sich aus den Sechs-Länder-Gesprächen mit den USA, Südkorea, China, Russland und Japan über atomare Abrüstung zurück.

Der erste koreanische Nord-Süd-Gipfel war 2000 durch die sogenannte Sonnenscheinpolitik des dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung (1998-2003) möglich geworden. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag auf der geteilten Halbinsel. Der Koreakrieg dauerte von 1950 bis 1953. (APA)