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Trainer Högler(M) mit seinen WM-Schützlingen Mayer und Pauer.

APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Berlin - Speerwerfer Gregor Högler hat nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn eigentlich nicht ins Trainergeschäft wechseln wollen. Nun stellt der ÖLV-Rekordler (84,03 Meter am 17. Juli 1999) mit Gerhard Mayer (Diskus) und Elisabeth Pauer (Speer) aber zwei Schützlinge und damit 50 Prozent des ÖLV-Aufgebotes bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin.

Die größten Erfolge von Högler waren zehnte Plätze bei der WM 1997 und der EM 1998. Er studierte Maschinenbau und Energieeffizientes Bauen. Mit einem Freund führt er ein technisches Büro und bietet Energielösungen für Gewerbe und Industrie an, zudem hilft Högler im Familienbetrieb (Kaminsanierung, Rauchfangkehrer) und kommt auf insgesamt 40 bis 60 Stunden Arbeitszeit pro Woche. Training am Abend ist keine Ausnahme, und am Wochenende steht er sowieso jeweils 12 bis 16 Stunden auf dem Sportplatz.

Wie Högler Beruf und Sport vereinbart und was die Ziele als Trainer sind, erzählt der 37-jährige Wiener, der aus Spaß immer noch an den Österreichischen Meisterschaften teilnimmt (Gold 2008, Silber 2009) im Interview.

Sie haben zwei Athleten zur WM gebracht, was hierzulande als großer Erfolg zu werten ist. Wieso haben Sie eigentlich früher ausgeschlossen, die Trainerlaufbahn einzuschlagen?

Högler: "Ich dachte mir immer, die Athleten müssen dann genau das machen, was ich gemacht habe. Und da habe ich mir gedacht, das werden nicht viele machen, so verrückt trainieren, so viel. Aber dann am Ende meiner Karriere habe ich den Gerhard (Mayer/Anm.) kennengelernt, er hat mich gefragt wegen Krafttraining, und ab 2001 hab ich ihm dann die Planung gemacht. Dann sind wir gemeinsam zu Uwe Hohn nach Deutschland gegangen, Uwe ging dann aber ins Ausland und Gerhard hatte dann auch keinen Trainer mehr. Dann ist er zu mir gekommen und hat gesagt: 'Geh bitte, kannst du mich betreuen.'"

Und wie wurde dann aus Speerwerfer Högler ein Trainer für Diskus?

Högler: "Ich habe gesagt, im Diskus muss ich mich erst ein bisserl einlesen. Aber ich habe die Sportarten immer sehr mit technischem Hintergrund betrachtet. Wenn ich Speerwerfen hernehme, da habe ich sehr viel biomechanisch gemacht, weil ich eben Maschinenbauer bin und mich damit auskenne. Diskuswerfen habe ich genauso betrachtet. Es ist eine Rotation mit einer Translation, die wird überlagert. Und dem Diskus ist es im Prinzip egal, wer ihn wirft, er will nur seine V-Null, also die Abwurfgeschwindigkeit und den richtigen Winkel haben. Dann habe ich mir gedacht, das traue ich mir eigentlich auch zu."

Die Rechnung ging auf. Haben Sie Hilfe in Anspruch genommen?

Högler: "Am Anfang habe ich natürlich mehr auf Gerhard gehört. Und dann bin ich zu Jürgen Schult gegangen, zum Weltrekordhalter, den kannte ich noch von früher. Ich bin mit Gerhard zu ihm gefahren und habe gesagt: 'Jürgen, schenk mir deine Augen. Du schaust Gerhard zu und ich sage, was ich mir denke. Und du sagst mir, was du dir denkst.' Dann habe ich versucht, so wie er zu denken oder zu werden. Ich schäme mich nicht, irgendwas zu fragen. Ich bin früher auch immer zu den Besten der Welt hin und habe viel gefragt und bin dann Freund mit ihnen geworden. Ich habe sehr viel aus ihnen rausgeholt, das ist mir im Diskus, glaube ich, auch gelungen. Seit zwei Jahren habe ich auch eine richtige eigene Meinung fürs Diskuswerfen, obwohl ich selber nie geworfen habe."

Seit fast drei Jahren betreuen Sie auch die Speerwerferinnen Elisabeth Pauer und Elisabeth Eberl. Was hat Sie dazu bewogen?

Högler: "Als ich aufgehört habe, habe ich Elisabeth (Pauer/Anm.) einmal gesehen und mir gedacht: Sie hat gute Hebeln und einen guten Körperbau. Mit solchen Hebeln ist es eigentlich schade, dass man da nichts draus macht. Sie wollte damals aufhören. Dann habe ich gesagt: 'Weißt was, trainieren wir einen Winter. Du lernst das Werfen neu. Und im Jahr darauf kannst du aufhören, wenn du willst.' Dann hat sie sofort Österreichischen Rekord geworfen. Sie kam mit 46 zu mir und hält nun bei 59 Metern. Mit 60 bist du bei Olympischen Spielen schon Top-Zehn oder -Zwölf, auf jeden Fall im Finale. Und Eberl ist Top-Ten in Europa bei den U-23. Ich hab die Zwei im Doppelpack übernommen. Und ich habe selten einen so fairen Trainer gesehen wie Horst Mandl. Er hat sie wirklich gut betreut, aber er hat sie abgegeben und gesagt, ich solle sie weiterführen."

Und nun stellt Österreich erstmal bei einer WM eine Teilnehmerin im Speerwurf.

Högler: "Ich sehe bei beiden Speerwerferinnen so ein Potenzial und habe mich immer geärgert, dass wir international so weit hinten sind. Ich habe mir gedacht, das kann nicht an den Mädels liegen, vielleicht ist es nur, weil man sich nicht darum kümmert. Jetzt will ich schauen, wie weit es geht. Und ich glaube, dass sie wirklich weit kommen können. Sie geben alles, Eberl hat zwei bis drei Jobs und geht putzen, damit sie es sich leisten kann, zum Training nach Wien zu kommen. Das ist die richtige Einstellung. Pauer kommt nun in die HSZ, ich hoffe, Eberl kommt da auch rein, denn das ist die einzige Möglichkeit, den Sport wirklich profimäßig zu machen."

Und beide scheinen auf einem guten Weg zu sein, wenn man die Leistungen betrachtet.

Högler: "Ich kann mich noch erinnern, vor zweieinhalb Jahren, wie ich bei den zwei Mädchen gestanden bin. Ich habe ihnen gesagt: 'Wisst's eh: Ich stelle mich nicht für einen Staatsmeister auf den Platz, sondern für Olympische Spiele, WM- und EM-Finale als Ziel.' Da haben sie mich ein bisserl ungläubig angeschaut. Ich habe ihnen dann gesagt, in ein paar Jahren werdet ihr wissen, was ich meine. Man merkt auch, wie sich ihre Einstellung verändert hat. Sie sind wirklich auf einem sehr guten Weg. Gerhard auch. Sie sind alle wurfverrückt, das macht schon Spaß. Wie ich auch war, 24-Stunden-Athlet und nicht nur 4 oder 6 Stunden."

Nun halten alle ihre Sportler die österreichischen Rekorde, der blinde Speerwerfer Bill Marinkovic, den sie ebenfalls betreuen, hat sogar den Weltrekord. Was sind Ihre Ziele als Trainer?

Högler: "Ich habe mir gesagt: Überall, wo ich tätig bin, wäre es mir recht, wenn wir ein paar Rekorde hätten. Und das ist aufgegangen. Viele sagen zu mir, ich bin der Shootingstar als Trainer. Meine Sportler sind in Berlin dabei, das macht mich stolz, aber sie werfen natürlich, nicht ich. Aber das ist jetzt sicher erst der Anfang. Mein Ziel ist, dass alle meine Athleten bei einem Großereignis ins Finale kommen, dass sie richtige Finalisten sind, das wäre so der Traum. Schauen wir mal."

Ist mit den Erfolgen der Ehrgeiz erwacht?

Högler: "Anfangs habe ich mir gedacht, jetzt bist jahrelang so viel dem Zelezny und dem Backley nachgefahren, den Guten der Welt. Eigentlich müsstest da schon ein bisserl weitergeben, was die erzählt haben. Und dann wirst schon ehrgeizig."

Worauf legen Sie Wert bei der Zusammenarbeit?

Högler: "Vieles liegt in der guten, positiven Einstellung der Gruppe. Weil wir nur vorwärts schauen. Vom Training her muss ich es halt sehr streng und eng gestalten. Wenn man so eine straffe Führung hat, muss man sich auch leiten lassen. Widersprüche gehen nicht. Sie müssen davon ausgehen, dass, wenn einer das Beste will, dann auch so leiten muss. Das war bei mir früher auch so, es scheint halt gut zu sein. Für mich ist es auch extrem wichtig, dass niemand jammert. Ich bin da relativ streng, was die Gruppe betrifft, was man sagt, wie man spricht, wie man sich gibt. Und bei uns jammert auch niemand. Jammern geht bei mir nur, wenn etwas wehtut. Und es stärkt auch ziemlich meine Position, dass ich berufstätig bin. Denn wenn die nicht wollen, bin ich der Erste, der weg ist. Aber sie würden das nie machen. Unsere Situation ist speziell, aufwendig, aber es hat auch eine spezielle Kraft. Wir schauen, wie weit es geht. Mit den kleinen Mitteln, die wir halt haben in Österreich."

Finden Sie die Unterstützung ausreichend?

Högler: "Ich finde es gar nicht so schlecht, ich brauche ein paar Disken, ich brauche ein paar Speere. Und jetzt auf irgendwelche Institutionen oder Verbände hinzuhacken, das macht null Sinn, das kostet mir wieder Energie. Ich gehe einmal davon aus, dass jeder das Beste will. Ich unterstelle niemandem, dass er uns nicht fördern will. Da bin ich relativ offen, ich gehe zu den Leuten und frage einmal nach. Und eigentlich haben wir eh oft offene Türen. Dass es in anderen Sportarten besser ausschaut, mein Gott, das ist halt so, das tangiert mich jetzt nicht. Jammern bringt nichts, aber man muss halt aufpassen, man muss die Leichtathletik schon immer so werten, dass es eine sehr gut entwickelte Sportart ist. Nur zu sagen, Medaillen zählen, und alles andere ist nichts, das ist die Gefahr. Und das passiert manchmal." (APA)