Operation Flashpoint: Dragon Rising wird für PC, Xbox 360 und PlayStation 3 umgesetzt und erscheint am 8. Oktober.

Foto: Codemasters
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Kriegsspiele sind etwas Dubioses. Sie bringen die denkbar schrecklichste zwischenmenschliche Auseinandersetzung dort hin, wo es eigentlich am friedlichsten sein sollte: nachhause. Dennoch scheint das Bedürfnis nach dem Nervenkitzel stets gegeben zu sein. Früher stillten Zinnsoldaten den vorwiegend männlichen Durst nach dem Gefecht, heute sind es Computerspiele. Und, so könnte man argumentieren, eigentlich ist der irreale Krieg immer noch der Beste.

Jedenfalls ist weit und breit kein Ende der virtuellen Schlachten absehbar, obwohl wie ein jüngstes Beispiel zeigte nicht alles erwünscht ist. So musste der für 2010 geplante Titel "Six Days in Fallujah" nach heftigen Protesten eingestellt werden. Es hat sich gezeigt, dass Aktualität und Realismus nicht unbedingt erwünscht sind. Anscheinend braucht der Spieler doch irgendwo einen Freiraum zur gedanklichen Distanzierung. Vielleicht kann auf diese Weise der damalige Erfolg von "Operation Flashpoint" erklärt werden. Nicht gekannter Realismus und eine fiktive Handlung machten es zu einem durchwegs spannenden Erlebnis, das vom realen Krieg eher abschreckte, als "Appetit" auf ihn zu machen.

Echt fiktiv

2009 will der Taktik-Egoshooter "Operation Flashpoint: Dragon Rising" wieder in die selbe Kerbe schlagen und sich zwischen realistischem Propaganda-Spiel vom Schlage "America's Army" und dem Hollywood-Krieg aus "Call of Duty" positionieren. Es wird ein fiktiver Konflikt zwischen USA und China erzählt. Schauplatz ist eine frei erfundene russische Pazifikinsel namens "Skira" nahe der Küste Japans. 2011 herrscht massiver Rohstoffmangel und die Supermacht China startet eine Invasion, um sich das Erdöl-reiche Stück Land seiner Nachbarn unter den Nagel zu reißen. Die Streitkräfte Amerikas werden zur Hilfe gerufen und der Konflikt ist entbrannt.

Um dem breit gefächerten Kriegsgeschehen das nötige Quäntchen Glaubwürdigkeit zu verleihen, zog Codemasters als Konsulent die US-Army hinzu. Offizielle Strategiebücher leiteten die Entwickler bei ihren Spielzügen an. Wer dabei einen schlechten Beigeschmack befürchtet, sei beruhigt. Mit Propaganda wolle man nichts zu tun haben, versicherte man auf Nachfrage des WebStandards. Der gestellte Konflikt zwischen China und den USA berge noch allerlei Überraschungen.

Schmaler Grad

Auf den Schultern Dragon Risings lasten große Erwartungen. Das ursprüngliche Entwicklerteam Bohemia Interactive seilte sich nach dem ersten Teil ab und gründete die "Armed Assault"-Serie. Codemasters will die Lizenzrechte 8 Jahre nach Operation Flashpoint nutzen, um eine moderne Version des Originals zu erschaffen, ohne dabei den Ton zu verzerren.

Einer dieser Modernisierungsversuche macht sich in der Präsentation bemerkbar. Skira lullt das Auge mit Sepia-Himmel und saftigem, im Wind wehendem Gras ein. Die Sonnenstrahlen glimmern zwischen den Blättern der Bäume. Doch spätestens die ersten surrenden Schüsse holen einen aus dem Traum zurück. Die einschüchternden Sounds stammen aus den Mündungen realer Waffen, die zusammen mit der trostlosen Atmosphäre einen tatsächlichen Kriegsschauplatz vorgaukeln.

Als Spieler taucht man als einer von vielen Squad-Leadern der US-Armee ins Geschehen ein. Es gilt also nicht nur zu kämpfen, sondern auch seine Mannen zu kommandieren und sich als wertvolles Rad in der rollenden Kriegsmaschinerie zu erweisen. Die Kampagne mit 11 ausführlichen Missionen schildert das Aufeinandertreffen zweier gigantischer Armeen. Spieler werden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben daher nur einen Teil des Geschehens selbst erleben, der Rest des großen Ganzen geschieht rund um einen herum.

Kommando

Ein zweiter Hinweis auf den frischen Wind in Operation Flashpoint ist die speziell für Konsolen vereinfachte Steuerung. Als Squad-Leader kann man seine Kollegen per Schnellwahl-Menü Befehle erteilen und sie mit der Richtungstaste in den Angriff schicken oder zum Flankieren anweisen. Zusätzlich gibt eine dynamische Strategiekarte Aufschluss über die Lage, wobei neben der Infrastruktur und den eigenen Truppen nur dort Feinde eingezeichnet sind, wo man sie mit dem eigenen Auge (zuletzt) gesehen hat.

Wie intensiv man sich mit dem taktischen Element beschäftigen muss, hängt mit dem gewählten Schwierigkeitsgrad zusammen. Als "Beginner" hilft einem das Interface zur Orientierung, als "Hardcore"-Spieler muss man sich auf die wenigen, tatsächlich vorhandenen Missionsinformationen und auf das eigene strategische Verständnis verlassen.

Knochenhart

Doch auch im Anfänger-Modus darf man sich kein Moorhuhnschießen erwarten. Wer glaubt, vorpreschen zu können, wird nur Blei ernten. Bei der Erstürmung strategisch wertvoller Anhöhen und gegnerischer Stellungen sollte jeder Schritt gut überlegt sein. Wachposten können nur leichter mit Hilfe von taktischem Sperrfeuer umkreist und ausgeschaltet werden. Wird man getroffen, muss man rasch die Blutung stoppen oder von einem Sanitäter verarzten lassen, will man nicht im Jenseits landen. Eine vollständige Heilung während eines laufenden Spiels gibt es nicht. Ein Schrapnell im Bein behindert die Fortbewegung, im Arm stört es beim Zielen. Ähnlich penibel ist der Umgang mit der Waffe. Ladevorgänge geschehen in Echtzeit und gefundene Munition muss zur eigenen Gewehr-Type passen.

Domino-Effekt

Das weitestgehend offene Spielverhalten (Sandkasten-System) bedingt, dass man seine Auftragsziele im Einklang mit den befreundeten Truppenverbänden zu erfüllen. Beispielsweise kann es passieren, dass man einen Panzer-Zug verpasst und somit auch die mögliche Verstärkung. Da kaum eine Szene im laufenden Spiel geskriptet ist, kann es überdies hinaus passieren, dass getroffene Kollegen ihren Verletzungen erliegen. Im niedrigen Schwierigkeitsgrad bedeutet dies lediglich eine Schwächung des Squads bis zum nächsten Checkpoint - für Profis aber bedeutet das einen Verlust über die gesamte Mission, die schon mal rund zwei bis drei Stunden dauern kann. Das gleiche gilt für nicht erreichte Zwischenziele, wie der Zerstörung eines feindlichen Radar-Stützpunktes.

Kriegsmaschinerie

Umso mehr Erfahrung man vorzuweisen hat, desto mehr Einfluss hat man auf den gesamten Feldzug und kann mit der Zeit über die Strategiekarte auch andere Trupps befehligen oder Luftunterstützung anfordern. Eine wesentliche Rolle bei der Befreiung der Insel Skira spielen deshalb Fahrzeuge und Helikopter, die man gegebenenfalls selbst steuern kann. Die Vehikel sind jedoch nicht nur aus kriegerischer Sicht bedeutend (große Geschütze können sämtliche Gebäude zerstören), machen überhaupt erst die Eroberung möglich. Ein Fußmarsch über die gesamte Länge Skiras würde schließlich 8 bis 9 reale Stunden dauern.

Gemeinsam

Die eigentliche Herausforderung dürfte das Zusammenspiel mit menschlichen Mitstreitern und Kontrahenten darstellen. Die Kampagne darf kooperativ mit bis zu 3 Kollegen über das Netzwerk bestritten werden, wobei man hier dann gemeinsam als Squad agiert.

Im Mehrspieler-Modus können auf der Konsole 4 gegen 4 antreten, wobei jeder einen Trupp von drei computergesteuerten Mitspielern unter sich hat. Auf dem PC können alle 8 Squads von Spielern besetzt werden (16 gegen 16). PC-Spieler freuen sich zusätzlich noch über einen Karten-Editor.

Wann?

Operation Flashpoint: Dragon Rising wird für PC, Xbox 360 und PlayStation 3 umgesetzt und erscheint am 8. Oktober.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 11.8.2009)