Gerlinde Kaltenbrunner beim ersten Versuch Ende Juli, den Gipfel des K2 zu erreichen: Schnee-massen zwangen sie zur Umkehr. ORF-Redakteur Franz Fuchs zitterte im Basislager mit.

Foto: ORF

Filmte am K2 im Basislager: ORF-Redakteur Franz Fuchs.

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STANDARD: Gerlinde Kaltenbrunners Weg zum K2 - wie filmten Sie?

Fuchs: Sehr behutsam. Ich konnte nach Gesprächen das Vertrauen Kaltenbrunners und ihres Lebensgefährten Ralf Dujmovits gewinnen. Beide sind durch ihre eigenen Expeditionsfilme fast Profis.

STANDARD: Wie kamen Sie zu Bildern? Gab es Abmachungen?

Fuchs: Wie bei einer Dokusoap? Das wollten wir nicht, und das hätte auch nicht funktioniert. Der Kameramann (Andreas Gradl für den ORF, Anm.) musste sehr aufmerksam sein. Es war aber schon ausgemacht, dass wir nicht in ihr Zelt hinterherkriechen.

STANDARD:  Wie kamen Sie mit der Ausrüstung zurecht?

Fuchs: Wir hatten eine drei Kilo schwere Kamera und schafften es, mit nur einem Mikroset den Ton zu machen. Das half Akkus sparen. Für uns im Basislager war die Kamera aber nicht wirklich ein Problem. Richtig schwierig war es für David Göttler, der mit Kaltenbrunner aufstieg. Er zeichnet auf Speicherkarten und nicht auf Kassette auf wie wir. Die Qualität der Bilder ist ausgezeichnet.

STANDARD:  Der Film konzentriert sich auf den ersten Gipfelversuch. Wie war der Gipfeltag?

Fuchs: Ich war so nervös und wurde dabei selbst immer schwächer. Wir hatten nicht immer Sichtverbindung. Dann meldeten sie sich einmal vier Stunden nicht, wo wir wussten, sie sind in einer gefährlichen Passage. Wir beobachteten den Berg ständig mit dem Fernglas. Mir ging ständig durch den Kopf: Wo sind sie, wo könnten sie sein, was kann passiert sein?

STANDARD:  Wie erlebten Sie den Moment, als klar wurde, dass sie es nicht schaffen würde?

Fuchs: Sehr emotional. Ich hätte nicht gedacht, dass mich die Gipfelsituation so packt. Alle im Basislager fieberten mit, es war unglaublich. Wir sahen das Ringen Ralf Dujmovits', per Funk auf Umkehren zu drängen. Danach zog er sich fünf Minuten zurück. Aber er wusste natürlich, dass es richtig war, so zu entscheiden.

STANDARD: Wie bringen Sie die Spannung rüber?

Fuchs: Die Spannung entsteht aus der Beziehung zwischen den beiden. Man sieht Ralf zittern und beobachten und sieht oben Gerlinde in wirklich gefährlichem Gelände. Wir haben einige der Dialoge der "Drehen wir um - drehen wir nicht um"-Situation. Da ist man so direkt dabei, dass gestalterisch nicht viel mehr notwendig war, außer zeitlich zu raffen. Es war mir wichtig, die Vorgänge im Basislager zu zeigen. Den logistischen Aufwand in der Vorbereitung, das soziale Leben und vor allem das lähmende Warten: Jeden Tag x-mal die Route beobachten, ob der Wind Schnee reinbläst, ob Lawinen runterkommen. Die ersten drei Lawinen habe ich noch beachtet. Danach nicht mehr, es donnerte ständig.

STANDARD: Wird sie es schaffen?

Fuchs: Sie wird den K2 auf jeden Fall schaffen. Auch der Everest wird kein Problem sein. Kaltenbrunner ist wie geschaffen für das Höhenbergsteigen. Körperlich, weil sie schlank und kräftig ist. Vom Basislager auf 5000 Meter zum Lager zwei auf 6400 brauchte sie vier Stunden. Ein Erfolgsrezept ist ihre Disziplin beim Trinken. Und sie planen minutiös. Es ist halt so: Wir Medien machen daraus ein Wettrennen und bauen Druck auf. Kaltenbrunner lehnt das ab. Berge sind kein Stadion. Wer sich in dieses Wettlauf-Denken hinein begibt, ist ein Hasardeur. Kaltenbrunner geht es um den Genuss. Danach sagte sie: Es war ein wahnsinnig schönes Abenteuer. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 11.8.2009)