Bild nicht mehr verfügbar.

Einbahnstraße Staatsholding: Präsident Dmitri Medwedew zweifelt die Effizienz der russischen Staatsgesellschaften an. So verpuffte die Milliardenstaatshilfe für den Lada-Produzenten Avtovaz ohne Wirkung. Seit Anfang August stehen die Bänder in Togliatti still.

Foto: EPA/Shinpenkov

Moskau - Der Kreml will die Tätigkeit der russischen Staatsholdings genauer unter die Lupe nehmen. Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat die Generalstaatsanwaltschaft und das Kontrollamt im Kreml mit der Überprüfung der Staatsgesellschaften beauftragt. Die Behörden sollen die Finanztätigkeit der sieben Staatsholdings sowie die Zweckmäßigkeit ihrer gesellschaftsrechtlichen Formen prüfen. Die Ergebnisse sollen in drei Monaten vorliegen.

Bereits im Mai hatte Medwedew die Sinnhaftigkeit der Staatsholdings angezweifelt. Er erklärte in einem Zeitungsinterview, dass "das Leben der Staatsholdings begrenzt" sei und die staatlichen Konzerne in Aktiengesellschaften umgewandelt werden sollten.

Damit stellt Medwedew die Politik seines Vorgängers Wladimir Putin offen infrage. Dieser propagierte die Schaffung von sogenannten "nationalen Champions" , die mit Geldern aus den damals sprudelnden Rohstoffeinnahmen finanziert und als Inkubatoren für die russische Wirtschaft dienen sollten.

Mutiger Schritt

Laut Tatjana Stanowaja, der Leiterin der Analyseabteilung des Moskauer Zentrums für Polittechnologien, ist diese Initiative Medwedews "einer seiner mutigsten Schritte als Präsident" . Dieses Vorgehen bestätige die Handlungsfähigkeit des Präsidenten, da er selbst vor den direkten Interessen Putins und seiner engsten Vertrauten nicht halt mache. Stanowaja zufolge habe dieser Schritt Potenzial für einen Konflikt zwischen Medwedew und Putin.

Andere Politologen bezweifeln jedoch, dass die Initiative Medwedews gegen Putin gerichtet ist. Schließlich habe der Präsident wenige Tage, nachdem er die Staatsholdings kritisierte, ein Gesetz verabschiedet, durch das die achte Staatsholding gegründet wurde. Die staatliche Gesellschaft Awtodor soll sich dem Bau von Straßen und Verkehrsinfrastruktur widmen.

Unter Putin wurden per Ukas sieben Staatsholdings gegründet: die Außenhandelsbank Wneschekonombank (VEB), das Hightechunternehmen Rostechnologii, die Nanotechnologiegesellschaft Rosnanotech, die Agentur für Versicherungsbeiträge (ASB), ein Wohnbau-Fonds, das Atomenergieunternehmen Rosatom und Olimpstroj, die Gesellschaft, die für den Bau der olympischen Infrastruktur in Sotschi zuständig ist.

In jedem konkreten Fall verfügt die jeweilige Staatsholding über spezielle Vollmachten und Privilegien. Gemeinsam haben diese Unternehmen jedoch, dass sie lediglich gegenüber der Regierung rechenschaftspflichtig sind. Die Bestimmungen über die Informationsoffenlegung und das Konkursgesetz gelten für sie nicht. Außerdem sind sie von der Besteuerung befreit.

Größtes Sorgenkind: Avtovaz

Die mangelnde Kontrolle führte dazu, dass in den ineffizient geführten Staatsbetrieben Milliarden Rubel versickerten. Vor allem das Unternehmen Rostechnologii, das von Putins Freund aus KGB-Zeiten Sergej Tschemesow geführt wird, erwies sich als Milliardengrab. Rund 30 Prozent der insgesamt 440 Unternehmen, die zu Rostechnologii gehören, stünden vor dem Bankrott, sagte Tschemesow. Insgesamt habe die Holding Schulden in Höhe von rund 14,5 Milliarden Euro.

Das größte Sorgenkind Tschemesows ist der Lada-Produzent Avtovaz, an dem Rostechnologii seit dem Einstieg des französischen Autobauers Renault noch 25 Prozent hält. Das Unternehmen hat bereits eine staatliche Stütze von 25 Milliarden Rubel (rund 555 Millionen Euro) in Form einer zinslosen Anleihe erhalten.

Rostechnologii-Chef Tschemesow erhielt vergangene Woche bereits einen Schuss vor den Bug. Er wurde aus der Präsidentenkommission für Modernisierung und technische Entwicklung der Wirtschaft ausgeschlossen. (Verena Diethelm, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.8.22009)