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Löwen fressen neben Zebras, Büffeln, Gnus und Antilopen auch Hasen, Vögel und Fische. Damit tragen sie indirekt zum Erhalt dieser Arten bei.

Foto: APA/Rainer Jensen

Laxenburg/Washington - Gnus fressen Gras. Sie selbst landen dann meist im Magen von Löwen. Das ist die einfachste Version einer Nahrungskette, die vielfach miteinander zu Nahrungsnetzen verflochten sind. Doch wie bleiben diese Netze stabil, sodass die verschiedenen Tierarten langfristig nebeneinander leben können - und nicht etwa einzelne davon verschwinden?

Dieser Frage ist nun ein internationales Forscherteam unter Mitarbeit von Ulf Dieckmann vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (Iiasa) in Laxenburg nachgegangen und hat dafür mehrere Milliarden verschiedener Nahrungsnetze mit jeweils bis zu 50 Arten unter die Lupe genommen.

Dabei stießen die Forscher auf einige Gesetzmäßigkeiten, über die sie wie in der aktuellen Ausgabe von Science (Bd. 325, S. 747) berichten. So wird die Stabilität von Ökosystemen gefördert, wenn Raubtiere an den Spitzenpositionen der Nahrungsketten sich von zahlreichen verschiedenen Beutetierarten ernähren: "Löwen, die so ziemlich alles Fleischige in ihrer Nähe fressen, erhöhen demnach die Stabilität", so Dieckmann im Gespräch mit dem Standard, "während Wale, die eine sehr einheitliche Diät halten und nur Krill fressen, das Gesamtökosystem destabilisieren." Tiefer gestellte Jäger hingegen sollten sich eher spezialisieren.

Abweichungen vom Gesetz 

Zur Stabilität von Nahrungsnetzen trägt es außerdem bei, wenn Beutetiere im mittleren Bereich der Nahrungskette vielen Räubern als Nahrung dienen. Zudem stellten die Forscher fest, dass nicht alle Ökosysteme denselben Gesetzmäßigkeiten folgen. "Kleine Ökosysteme funktionieren offenbar nach anderen Regeln als große", so Dieckmann.

Erkennbar sei dies anhand der Unterschiede in der Stärke der Räuber-Beute-Beziehungen in einem Nahrungsnetz: Kleine Netze sind stabiler, wenn es zahlreiche verschieden starke Verbindungen zwischen den Arten gibt. Bei Systemen, die aus einer großen Anzahl von Arten bestehen, trifft - anders als bisher gedacht - offenbar genau das Gegenteil zu. Damit ein großes Nahrungsnetz stabil bleibt, sollten die Räuber also auf ausgewogene Ernährung achten und sich nicht an einem Tier überfressen.

Dies dürfte dann wohl auch für den Menschen gelten, der laut Ulf Dieckmann - rein ökologisch betrachtet - "als sehr effizienter und auch flexibler Räuber" gilt und ganz oben in der Nahrungskette angesiedelt wird. Daraus könnte man schließen, dass der Mensch die Stabilität eines Ökosystems durchaus erhöhen kann, wenn er viele verschiedene Beutetiere gleichzeitig nutzt. "Aber nur", so Dieckmann, "wenn er nicht übertreibt. So wie es der Mensch aber meistens tut." (Natalie Bachl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. August 2009)