Karlsruhe - Schulen in Deutschland dürfen Karneval oder Fasching feiern. Eltern müssen dabei gewisse "Spannungen" zwischen ihren moralischen und religiösen Vorstellungen und den Angeboten der Schule ihrer Kinder hinnehmen, heißt es in einem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Eine Beschwerde baptistischer Eltern wegen einer schulischen Karnevalsveranstaltung sowie eines Theaterprojekts zum Thema "sexueller Missbrauch" nahm das Verfassungsgericht nicht zur Entscheidung an.

Kritik von baptistischen Eltern

Die Eltern hatten kritisiert, Karneval sei ein katholisches Fest mit Ess- und Trinkgelagen, bei dem sich die Menschen verkleidet und enthemmt, "befreit von jeglicher Moral", wie Narren benähmen. Das Theaterprojekt erziehe die Kinder zu einer "freien Sexualität". Ihnen werde vermittelt, dass sie über ihre Sexualität allein zu bestimmen hätten und ihr einziger Ratgeber dabei ihr Gefühl sei, das sie niemals täusche. An beiden Tagen schickten die baptistischen Eltern ihre Kinder daher nicht zur Schule. Wegen Verletzung der Schulpflicht setzte das Amtsgericht eine Geldbuße von 80 Euro fest.

Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg

Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg. Glaubensfreiheit und Elternrechte würden durch den ebenfalls in der Verfassung verankerten Erziehungsauftrag des Staates beschränkt. Im konkreten Fall habe die Schule ihre religiöse Neutralität nicht verletzt, befand das Bundesverfassungsgericht.

Festnacht "bloßes Brauchtum"

Zur Begründung erklärten die Karlsruher Richter, Karneval oder Fastnacht sei "heutzutage als bloßes Brauchtum der früher etwa vorhandenen religiösen Bezüge weitgehend entkleidet". Auch die Schule habe Karneval nicht als katholisches Kirchenfest gefeiert. "Eine Konfrontation mit dem Faschingstreiben der übrigen Schüler" müsse eine Schule den Kindern nicht ersparen, trotzdem habe im konkreten Fall die Schule sogar noch Sport- und Bewegungsprogramme als Alternativen angeboten. Das Theaterprojekt habe den Kindern lediglich Möglichkeiten aufgezeigt, sich etwaigem sexuellem Missbrauch zu entziehen. Die Glaubensüberzeugung der baptistischen Eltern sei davon nicht berührt. (AFP)