Graz/Wien - Werner Kogler hat bei den Grünen eine neue Funktion übernommen: Baustellenkoordinator. Im Parlament versucht der Vizeklubchef während der Karenz von Parteichefin Eva Glawischnig den Laden zusammenzuhalten und in seinem Land Steiermark als Landessprecher das dortige Chaos zu ordnen. Ein Jahr vor den Landtagswahlen geht es hier hinter dem Semmering nämlich drunter und drüber. Die ohnehin seit Jahren stagnierende Landespartei steckt zurzeit zudem in einer nicht ungefährlichen personellen und politischen Krise. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der steirischen Grünen. Linkes und bürgerliches Lager rivalisieren um die künftige Führung der Landespartei.
Auslöser des Konfliktes war ein zentrales gesundheitspolitisches Thema: die Neuordnung der steirischen Spitalslandschaft. SPÖ-Spitalslandesrat Helmut Hirt plante - wie vom Rechnungshof generell für alle Länder gefordert -, teure und wenig ausgelastete regionale Chirurgien zu sperren. Wissend, dass es dort, wo Chirurgien geschlossen werden, lokale Aufstände geben wird, haben sich die Grünen unter ihrer Klubobfrau Ingrid Lechner-Sonnek dennoch hinter die SPÖ-Pläne gestellt - mit dem Argument, man müsse die Zukunft und Finanzierung der gesamte Spitalsversorgung eines Bundeslandes im Auge haben.
"Rot-Grün hat keine Zukunft"
In der Landtagssitzung, in der die Reform beschlossen hätte werden sollen, scherte der obersteirische Grüne Lambert Schönleitner - eine Zukunftshoffung mancher in der Partei - aber aus und stimmte mit der ÖVP und der KPÖ gegen die SPÖ-Pläne. Und gegen die Parteilinie. Nun war Feuer am Dach der Grünen. Sie hatten sich in einer wichtigen landespolitischen Frage gespalten. Zudem: Sie galten nach dem Absprung Schönleitners nicht mehr als möglicher verlässlicher Regierungspartner.
Schönleitner sieht das "entspannt" . Er habe eben eine andere Einschätzung der Lage, die regionale Spitalsversorgung sei ebenso wichtig. Schönleitner, der sich ohne Zweifel als kommender Spitzenmann aufbauen will, vermutet, die Spitalsdebatte sei "nur ein willkommener Anlass" seiner innerparteilichen Gegner, gegen ihn zu mobilisieren. Dabei gehe es nicht nur um ihn, sondern um die grundsätzliche Frage, wohin sich die Grünen in der Steiermark und letztlich auch im Bund bewegen sollen. Für ihn liege das einzige reale Potenzial der Grünen nur im bürgerlichen Lager, das auch in den Regionen beheimatet sei. Rot-Grün habe auch deshalb keine Zukunft, "weil die Rot-Wähler, wenn sie wechseln, eher Richtung FPÖ tendieren und für die Grünen nicht zu erreichen sind" . Daher müssten sich die Grünen verstärkt auf das bürgerliche Lager konzentrieren. Siehe Oberösterreich, siehe das schwarz-grüne Modell in Graz. Auch mache es wenig Sinn, sich nur in der Auseinandersetzung mit der FPÖ zu definieren.
"Wenn mich die Partei will"
Der momentane Konflikt in der grünen Partei müsse auch als Vorspiel für die Kandidatenerstellung im Dezember für die Landtagswahl gesehen werden. Schönleitner im Gespräch mit dem STANDARD: "Ich bin bereit, als Spitzenkandidat anzutreten - wenn die Partei es will."
Werner Kogler sagte am Mittwoch in Graz, die Chancen für Schönleitner als Spitzenkandidat seien "durchaus intakt" . Schönleitner wiederum bringt auch Kogler ins Spiel. Dieser sei für die Steiermark ebenso ein "ausgezeichneter Kandidat". Kogler war jedenfalls heftig bemüht, auf dem momentanen Streit den Deckel draufzuhalten. Denn: Eskaliert der Konflikt, können die Grünen ihr großes Ziel, auch in der Steiermark Regierungsverantwortung zu übernehmen, wohl ad acta legen. (Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 6.8.2009)