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Der Atombomben-Dom im Hiroshima Peace Memorial Park

Foto: Junko Kimura/Getty Images

Wien - Vor 64 Jahren setzten die USA auf Anordnung des damaligen Präsidenten Harry S. Truman das erste Mal in der Geschichte Kernwaffen ein. Am Morgen des 6. August 1945 traf die euphemistisch "Little Boy" genannte, drei Meter lange und vier Tonnen schwere Uranbombe die japanische Hafenstadt Hiroshima im Südwesten der Hauptinsel Honshu. Drei Tage später zerstörte eine weitere Atombombe, diesmal mit Plutonium bestückt, die Hafenstadt Nagasaki an der Südwest-Küste von Kyushu: Der Sprengsatz "Fat Man" entsprach, allein was die Sprengkraft betrifft, etwa 22.000 Tonnen des herkömmlichen Sprengstoffs TNT - und wäre nach heutigen Maßstäben dennoch nur eine primitive Atombombe.

In Nagasaki wie Hiroshima lebten vor dem Angriff jeweils etwa 250.000 Menschen. Zehntausende starben direkt bei der Explosion, über 200.000 Menschen erlagen noch im Jahr des Angriffs ihren schweren Verletzungen. Auf Jahrzehnte hinaus erwies sich die freigesetzte radioaktive Strahlung als tödlich. Auf Japanisch tragen jene, die den Abwurf zwar überlebten, aber an den Folgeschäden litten, den Namen "Hibakushas".

Kapitulation

Sechs Tage nach dem Angriff auf Nagasaki erklärte Japan seine Kapitulation. Damit war der Zweite Weltkrieg beendet - was es US-Militärstrategen und Politikern ermöglichte, die nukleare Kriegsführung lange Zeit als einzigen Ausweg aus dem Weltkrieg darzustellen.

Noch Jahre später hatte Truman erklärt, die Bombe hätte ihn nicht um den Schlaf gebracht. Der 6. August 1945 war für ihn bis zu seinem Tod "der größte Tag in der Geschichte." Die Bilder der gigantischen Atompilze, die auf die Detonationen folgten, und die Geschichten der Opfer lösten jedoch weltweit Entsetzen aus. Katastrophen wie in Japan 1945 und in der Ukraine 1986 (Tschernobyl) ließen eine weltumspannende Anti-Atom-Bewegung entstehen.

Atomtests

Die vorerst letzten Atomtests wurden heuer im April und Mai in Nordkorea durchgeführt. Nachdem der UNO-Sicherheitsrat den Start der Langstreckenraketen verurteilt hatte, beendete Nordkorea seine Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) und brach die Sechser-Gespräche ab, deren Teilnehmer den Zweck verfolgt hatten, Nordkoreas Atomprogramm zu beenden. An den Gesprächen hatten außer Nordkorea die USA, China, Südkorea, Russland und Japan teilgenommen. Nordkorea hat jedoch nicht das Ende seiner Dialogbereitschaft erklärt.

Der Iran steht wegen seines Atomprogramms ebenfalls immer wieder im Kreuzfeuer internationaler Kritik. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt den Iran seit Jahren, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie heimlich den Bau der Atombombe zu verfolgen. Die Führung in Teheran hat das stets zurückgewiesen. Im Juli hatten die G-8-Staaten, zu denen die wichtigsten westlichen Gesprächspartner des Irans im Atomstreit gehören, aber auch der Erzfeind USA, dem Iran eine Frist bis Ende September gesetzt. Bis dahin seien Mitglieder der Gruppe bereit, Verhandlungen eine Chance zu geben. Gehe der Iran auf dieses Angebot nicht ein, würden weitere Sanktionen folgen.

Atomwaffen und Atommächte

Trotz der Proteste wurden seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit mehr als 2.000 Tests mit Atomwaffen durchgeführt. Den neuen, effizienteren Waffen von heute könnte selbst "Little Boy" nicht mehr das Wasser reichen: Sie besitzen mehr als das Tausendfache seiner Sprengkraft. Das seit 1970 bestehende Abkommen über die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen (NPT) konnte diese Entwicklung nicht aufhalten, es sollte aber gewährleisten, dass spaltbares Material aus zivilen Atomanlagen nicht zu militärischen Zwecken verwendet wird. Indien, Pakistan und Israel, die als Atommächte gelten, sind die einzigen Länder, die nicht beigetreten sind. Nordkorea hat den Vertrag 2003 ausgesetzt. Sämtliche ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates, die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, sind offizielle Atommächte.

Umstrittene Atombombenabwürfe

Offiziell begründete die US-Administration den Kernwaffeneinsatz 1945 damit, dass der Widerstandswille der japanischen Streitkräfte endgültig gebrochen werden sollte. Die hohe Zahl an Todesopfern wurde zum Zweck der Abschreckung in Kauf genommen. Hinsichtlich ihrer militärischen Notwendigkeit für die Kapitulation Japans bleiben die Bombenabwürfe jedoch umstritten. Der Vorwurf von Historikern: Die US-Administration wollte militärische Stärke demonstrieren und die eigene Position gegenüber der ehemaligen Sowjetunion stärken, insbesondere bei den Verhandlungen über den Fernen Osten und Nachkriegs-Europa. Japan sei schon vor dem ersten Atombomben-Abwurf am Ende seiner Kräfte gewesen.

Umfrage in den USA

 

Eine Mehrheit der US-Bürger sieht den Einsatz der Atombombe gegen Hiroshima und Nagasaki vor 64 Jahren als richtig an. Einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der Quinnipiac University zufolge antworteten 61 Prozent der Teilnehmer auf die Frage, ob die USA mit den Angriffen im Zweiten Weltkrieg das Richtige oder das Falsche getan hätten, es sei das Richtige gewesen.

Besonders hoch war die Zustimmung unter älteren Teilnehmern, Republikanern und Männern. Ein Vertreter der Universität erklärte, die Unterstützung für den Einsatz sei über die Jahrzehnte hinweg stabil geblieben. Kurz nach den Angriffen habe sie in einer Gallup-Umfrage jedoch noch bei 85 Prozent gelegen.

Hiroshima

In Hiroshima starben die Menschen langsam und qualvoll - oder sehr schnell. Im Umkreis eines halben Kilometers um den "Ground Zero" waren fast alle Menschen sofort tot. Dort erreichte die Temperatur eine Sekunde lang zwischen 3.000 und 4.000 Grad Celsius. Alles verdampfte und nur die Umrisse der Menschen blieben auf Häuserwänden übrig.

Heute erinnern an den weltweit ersten Abwurf einer Atombombe über besiedeltem Gebiet nur noch die Mauerreste und die ausgebrannte Stahlkuppel einer Ausstellungshalle. Sie wurden beim Wiederaufbau der in Schutt und Asche liegenden Stadt unverändert gelassen und als Atombomben-Dom in den Friedenspark der Stadt integriert. Die jährliche Gedenkfeier mit der Mahnung an die Welt, die Schrecken einer Atombombenexplosion nie zu wiederholen, hat sich zum wichtigsten Ereignis in Hiroshima entwickelt. (APA/red)