Fat Princess (Titan Studios/SCEA, rund 15 Euro) ist als Download über PSN für PlayStation 3 erschienen.

Foto: SCEA
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Auf der Suche nach den ausgefallenen Ideen im oft recht seichten Videospielpool, kann der Griff ins Download-Angebot nicht zu selten eine freudige Überraschung zu Tage fördern. Durch kleinere Budgets steigt die Risikobereitschaft der Entwickler aus dem Windschatten der Massenmarktproduktionen zu scheren. So kann es passieren, dass unkonventionelle Werke wie Flower oder Braid die Millionen-Dollar-Giganten überragen.

Schon während der E3 2008 machte ein Spiel mit dem schrägen Titel "Fat Princess" auf sich aufmerksam. Eine schrille Kreuzung aus Strategie und Action, Bonbon-Grafik und Splattereffekten lies die fette Prinzessin über das vergangene Jahr rasch zum Geheimfavoriten 2009 werden. Vergangene Woche ist das Download-Game der Titan Studios nun erschienen.

Mit Schwert und Köpfchen

Das Grundprinzip: Zwei Ritter-Parteien (bis zu 16 Spieler pro Seite) stehen einander gegenüber. Jede Seite hält in ihrer Festung die Prinzessin der Opposition gefangen und muss gleichzeitig die Rettung der eigenen Herrscherin initiieren. Alles geschieht aus der leicht abgewinkelten Vogelperspektive und - wie in einem Action-Spiel - in Echtzeit. Innerhalb der Burgmauern kann man sich on-the-go als eine von fünf Einheiten ausrüsten: Krieger, Bogenschütze, Magier, Priester und Arbeiter. Die Ausrüstungen lassen sich jederzeit wieder wechseln.

Krieger und Bogenschützen ziehen gestärkt von den Heilzaubern der Priester in die Schlacht und ringen mit dem Feind um Land und taktisch wertvolle Außenposten. Magier unterstützen die Recken mit Feuerbällen. Die Arbeiter sind insbesondere anfangs am wichtigsten. Mit einer Axt bewaffnet, machen sie sich auf, um Bäume zu fällen und Felsbrocken herauszuschlagen. Die gewonnen Ressourcen können genutzt werden, um die Ausrüstungenswerkstätten der fünf Klassen auszubauen und, um Hilfsmittel wie Katapulte zu errichten. Außerdem können Arbeiter Tore zimmern, um Gegnern den Weg zu versperren, und etwa durch Leitern Abkürzungen in die feindliche Festung legen.

Prinzessin stopfen

Aufgrund irgendeiner Anormalität der virtuellen Natur, wachsen Kuchenstücke aus den Wiesen. Diese Leckereien dienen einem einzigen Zweck - dem Stopfen der entführten Prinzessin. Denn je mehr Süßes die Gefangene bekommt, desto dicker wird sie und desto schwerer wird es für die gegnerischen Ritter sie nachhause zu tragen.

Alle Elemente zusammen verlangen einem Geschick, Weitblick und meisterliche Koordinationsfähigkeiten ab. Zusammen mit der schreienden Cell-Shading-Optik den abwechslungsreichen Karten, reichlich Blut und stimmigen Sounds sollten eigentlich alle Komponenten für einen astreinen Hit gegeben sein.

Vom Wesentlichen abgelenkt

Fat Princess bringt sich allerdings durch viele überflüssige Ablenkungen von der ursprünglichen Idee fast selbst um das verdiente Stück Kuchen. So wurde viel Zeit in weitere altbackene Spielmodi wie Team-Deathmatch oder King-of-The-Hill investiert und zu wenig an der Kernmechanik gefeilt.

Das größte Problem sind die computergesteuerten Mitstreiter. Spielt man alleine oder mit Freunden, werden die nicht von Menschen gesteuerten Kämpfer simuliert. Allerdings erweisen sich die Bots sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung als strohdumm. Auf den Masterplan für Sturmläufe wartet man vergebens. Die Arbeitsaufteilung wirkt teils willkürlich. Etwas Abhilfe schafft da der Kurztastenbefehl zur Rückendeckung, lehnt man sich jedoch zurück, könnte man vermutlich Stunden verpuffen lassen, bevor der entscheidende Schlag passiert.

Startschwierigkeiten

Idealer Weise nimmt man also jedes Zepter selbst in die Hand und geht online, um sich mit menschlichen Gehirnen zu messen. Mit der direkten Wahl der Freunde klappt das soweit problemlos. Sollte man keine 31 Mitspieler finden, sieht man über die paar doofen KI-Einheiten hinweg oder reduziert die Teilnehmerzahl.

Allerdings leidet der Online-Modus noch stark unter Startschwierigkeiten, wenn es darum geht unbestimmten Matches beizutreten. Häufig endet der Suchlauf in einer Fehlermeldung. Zudem stimmt das "Balancing" der Einheiten noch nicht perfekt und die Re-Spawn-Zeiten nach dem Ableben sind so kurz, dass Angreifer es extrem schwer haben, die Prinzessin zu entführen.

Großes Potenzial

Es ist dem witzigen und schnellen Gameplay, der Fülle an witzigen Details, dem umfangreichen Gesamtpaket und der starken kreativen Leistung zu verdanken, dass derartige Stolpersteine der übergewichtigen Prinzessin nicht das Genick brechen. Wo hat man beispielsweise schon einen Abspann gesehen, bei dem man zu den Beats von "I like big Butts" immer noch Gegner niederschnetzeln kann. Köstlich unkorrekt.

Fat Princess sticht daher definitiv aus der grauen Masse heraus und kann im Idealfall stundenlang am Stück unterhalten. Sollten die technischen Fehler, wie von den Entwicklern versprochen, nachträglich ausgemerzt werden, könnte abermals aus einer unkonventionellen Idee ein Hit geboren werden.

Home

In der Online-Welt Home können sich PS3-Spieler in einem eigens designten Raum ein näheres Bild von Fat Princess machen und ein kleines Rätsel lösen.

(Zsolt Wihlem, derStandard.at, 6.8.2009)