Wien - Die SPÖ will nun offenbar doch nicht der ÖVP uneingeschränkt das Vorschlagsrecht für den künftigen österreichischen EU-Kommissar einräumen. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter plädierte am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" für eine unabhängige Persönlichkeit. "Es wäre klug, wenn die ÖVP in diese Richtung das andenken würde", sagte Kräuter. Es sollte seiner Auffassung nach jemand sein, der oder die über die Parteigrenzen hinaus allgemein anerkannt und akzeptiert sei.

Zu dem von der ÖVP bereits offen als Kandidaten genannten früheren Finanzminister Wilhelm Molterer zeigte sich der SPÖ-Bundesgeschäftsführer "durchaus skeptisch". Molterer habe sich ja im Zusammenhang mit den Spekulationen der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) "nicht gerade mit Ruhm bekleckert".

ÖVP gegen Hearing

Die ÖVP bleibt unterdessen bei ihrer Ablehnung eines Hearings im Parlament für den Kandidaten für den künftigen österreichischen EU-Kommissar. Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer bezweifelte am Dienstag vor Journalisten, dass ein Hearing über Personen, die man ohnehin kenne, etwas bringe außer Show. Der Effekt wäre "endenwollend". Gelassen reagierte Neugebauer auf die Forderung der SPÖ und aus Teilen der Opposition nach einem parteiunabhängigen Kandidaten: "Sollen sie einen aufstellen."

"Debatte zu früh"

Die ganze Debatte, die derzeit auch von der ÖVP geführt wird, kommt nach Ansicht des Zweiten Nationalratspräsidenten jetzt zu früh. Jede Partei wäre gut beraten, dann einen Vorschlag zu machen, wenn die Entscheidung wirklich ansteht. Das sei erst im Herbst der Fall. Derzeit wisse man noch nicht einmal, welche Kompetenzen der österreichische Kommissar bekommen werde und ob sich der Kommissionspräsident einen Mann oder eine Frau wünsche. Wenn es soweit ist, werde die ÖVP eine Persönlichkeit vorschlagen, die nicht unbekannt ist und deren Qualität akzeptiert werde. Den schon von Klubobmann Karlheinz Kopf genannten früheren Vizekanzler Wilhelm Molterer sieht Neugebauer keineswegs angepatzt. Molterer habe als Minister hervorragende Arbeit geleistet und komme jetzt zu einem Handkuss, "der ihm nicht gebührt". (APA)