Grünes Leuchten im Mäusemaul: Japanische Biotechnologen ließen einen neuen, fluoreszierenden Backenzahn an Ort und Stelle nachwachsen.

Foto: Takashi Tsuji

Tokio/Washington - "Ein Mund ohne Backenzähne ist wie eine Mühle ohne Stein" , klagte dereinst Don Quixote, der gerade einiger seiner Beißerchen verlustig gegangen war, "und ein Zahn ist viel höher als ein Diamant zu achten." Waren die Beißwerkzeuge zu Zeiten des Ritters von der traurigen Gestalt unersetzlich, so kann man dank der Fortschritte in der Medizintechnik verlorene Zähne heute immerhin überbrücken. Und wenn alles nicht hilft, bleibt immer noch das Ersatzgebiss.

Japanischen Forschern ist nun aber ein möglicher Durchbruch bei der Herstellung von Ersatzzähnen gelungen. Mittels gentechnischer Vorbehandlung konnten sie direkt im Kiefer von Mäusen voll funktionsfähige Zähne nachwachsen lassen, wie sie in der Online-Ausgabe der US-Wissenschaftszeitschrift PNAS berichten.

Geht es um die Wiederherstellung von geschädigtem Gewebe oder Organen, liegt die Hoffnung der Wissenschaft heute vor allem in Stammzellen, die sich in alle möglichen passenden Zelltypen ausdifferenzieren können. Das Endziel dieser sogenannten regenerativen Therapien wäre die Herstellung von ganzen Ersatzorganen. Dreidimensionale Gewebe- oder Organzüchtungen sind bislang indes eher noch weit entfernte Zukunftsmusik. Dem Team um Etsuko Ikeda von der Universität Tokio gelang das nun auf etwas andere Weise: indem es zunächst im Labor sogenannte Zahnkeime gentechnisch herstellte. Diese Keime enthalten - ähnlich wie ein Samen - in ihren Zellen alle genetischen Informationen, die zum Aufbau eines kompletten Zahns nötig sind.

Diese Zahnkeime transplantierten die Forscher dann in die Kiefer von erwachsenen, acht Wochen alten Mäusen, denen drei Wochen zuvor ein Backenzahn im Oberkiefer gezogen worden war. In den meisten Fällen wuchsen die Keime zu funktionsfähigen Zähnen heran.

Die neuen Backenzähne seien ebenso hart wie natürliche Zähne, nur etwas kleiner. Zudem seien sie schmerzempfindlich, da auch Nerven in die künstlich gezüchteten Zähne hineinwuchsen. Und damit man die Zähnen auch noch im Dunkel der Mundhöhle gut sehen kann, fügten die Forscher noch ein fluoreszierendes Protein ein.

Die japanischen Biotechnologen wollen ihren neuen Ansatz nicht nur auf die Züchtung von Ersatzzähnen beschränkt wissen. Sie schlagen ihn ganz generell als Wegweiser für die Erzeugung von Ersatzorganen direkt im Körper vor: Wächst der gewünschte Körperteil nämlich direkt im Körper nach, ist sein Zusammenspiel mit den umliegenden Organen und Geweben dem des natürlichen Vorgängers sehr ähnlich.

Beißkraft dank Muskelprotein

Eine andere erstaunliche Entdeckung in Sachen Nagetierbiss, die freilich weniger praktischen Nutzen für den Menschen verspricht, machen US-amerikanische Biologen um Peter Reiser von der Ohio State University. Sie fanden nämlich heraus, dass einige Hörnchenarten - wie etwa das nach Europa eingeschleppte Grauhörnchen - ein Muskelprotein bilden, das bislang als typisch für Raubtiere wie Großkatzen, Krokodile und Haie galt.

Wie die Forscher im Journal of Experimental Biology schreiben, konnten sie das Protein bei gleich vier Vertretern der Hörnchen nachweisen. Alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie harte Nussschalen knacken. Bei zwei weiteren Arten, die bloß Löcher in die Schalen nagen, war das Protein dagegen nicht zu finden. Bislang ging man davon aus, dass die Nager dieses Protein im Laufe der Evolution verloren haben. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 4. 8. 2009)