Wien - Die Wiener Kärntner Straße feiert am kommenden Donnerstag ihr 35-jähriges Bestehen - als erste Fußgängerzone der Bundeshauptstadt. Dieser Umgestaltung war, ähnlich der Diskussion über ihre Erneuerung in den Vorjahren, ein langer Widerstreit zwischen den verschiedenen Parteien vorausgegangen. Doch der Bau der U-Bahn-Linie U1, die unterhalb der Prachtmeile verläuft, ermöglichte schließlich das Vorhaben, das die Stellung der City im allgemeinen Stadtgefüge vollkommen veränderte.

So war die einstige Prachtstraße, die 1257 erstmals urkundlich erwähnt wurde, in den autobegeisterten 1950er und 1960er Jahren zunehmend zur Verkehrsader mutiert, was zusehends die Attraktivität der Inneren Stadt beeinträchtigte. So wurde trotz zahlreicher Bedenken probeweise 1971 als wienweite Premiere eine Fußgängerzone am Graben eingerichtet - zu Weihnachten unter dem Titel "Weihnachtskorso". Mit 100.000 Flugblättern und zahlreichen Attraktionen sollte den Wienern das Zufußgehen schmackhaft gemacht werden. Messstellen wurden installiert, um Veränderungen von Luft und Lärm zu prüfen.

Da wider Erwarten zahlreicher Geschäftsleute die neue "Fuzo" blendend angenommen wurde, eröffnete man schließlich am 6. August 1974 die Kärntner Straße als erstes Areal in Wien ausschließlich für Fußgänger. Dabei stieß bereits damals vielen Geschäftsleuten die Gestaltung sauer auf. So schrieb die APA 1974 über die Eröffnungsfeierlichkeiten: "Der beabsichtigte Protest einer Boutique, deren Junior-Chef seinem Missfallen und seiner Kritik am Trinkwasserbrunnen und an den Kandelabern durch eine Kranzniederlegung Ausdruck geben wollte, wurde durch die polizeiliche Beschlagnahmung des 'Demonstrationsgeräts' erstickt."

Dabei versicherte der damals zuständige SPÖ-Stadtrat Fritz Hofmann, man habe "alles vermieden, was kleinlich oder billig wirken könnte" und strich als besonderes Element den Fahrbahnbelag hervor, der in der Kärntner Straße aus zwei Millionen Steinchen bestand. Nicht zuletzt war dieser jedoch das Hauptargument, nach der Fußball-Europameisterschaft 2008 eine komplette Neugestaltung mit 14 Zentimeter dicken Platten anzugehen, die sowohl dem Gewicht von Lkws standhalten können, als auch für Stöckelschuhe kein Hindernis darstellen.

Nach langen Querelen um die Finanzierung und die genaue Ausgestaltung zwischen Stadt und Bezirkschefin Ursula Stenzel (ÖVP) liegen die Arbeiten für das gut 20 Mio. Euro schwere Projekt nun im Zeitplan. Rund 60 Prozent des Belages seien verlegt, heißt es aus der zuständigen Magistratsabteilung 28. Mitte September soll der Graben fertig sein, bis spätestens Mitte November auch Stock-Im-Eisen-Platz und Kärntner Straße. Bis dahin sind dann auch 1,5 Kilometer taktiles Leitsystem für Sehbehinderte in die Steine gefräst.

In jedem Falle erwies sich auch in der alten Version die Fußgängerzone Kärntner Straße als Erfolgsmodell. Sukzessive folgten der Graben, die Nebengassen, der Stock-Im-Eisen- und der Stephansplatz. Außerhalb der City wurde in kurzem Abstand am Spittelberg und bei der Favoritenstraße im Zuge des Baus der U-Bahn ähnlich verfahren. In der Innenstadt wurde der Kohlmarkt erst 1989 für den Verkehr gesperrt. Parallel dazu wurden verkehrsberuhigte Zonen und ein Parkverbot auf den wichtigen Plätze wie dem Josefsplatz verhängt. (APA)