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Der Angeklagte Mohammed Atrianfar, Publizist und Reformpolitiker, vor dem Gericht in Teheran. Ganz rechts der ebenfalls angeklagte ehemalige Vizepräsident Mohammed Ali Abtahi in Gefängniskleidung.

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Abtahi am Samstag bei seiner Aussage vor Gericht...

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... und als Vizepräsident 2002. Seine Tochter sagt, ihr Vater sei unter Drogen gesetzt.

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Teheran/Wien - In Teheran wurde am Samstag der erste Tag der Schauprozesse mit lauten abendlichen "Allahu Akbar" -Protestchören von den Dächern begangen, die ja in der letzten Zeit bereits abgeflaut waren. Die Empörung über die Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Demonstrationen nach den manipulierten Präsidentschaftswahlen ist groß: Expräsident Mohammed Khatami etwa bezeichnete den Prozess von Samstag als "verfassungswidrig" : Die Angeklagten seien vom bevorstehenden Verfahren informiert gewesen und hätten keinen Zugang zu Verteidigern gehabt. Ihre Aussagen seien unter Zwang zustande gekommen.

Am Samstag standen ehemalige hochrangige Funktionäre der Islamischen Republik vor Gericht. Betroffenheit - und Ungläubigkeit - in der Oppositionsbewegung löste die Aussage von Khatamis Exvizepräsident Mohammed Ali Abtahi aus, eines profilierten liberalen Klerikers und Politikers, der von den Konservativen 2004 zum Rücktritt gezwungen worden war. Der sichtlich abgemagerte und gezeichnete Abtahi bezeichnete die Wahlen vom 12. Juni als "nicht gefälscht" , er berichtete weiters von einem konspirativen Treffen von Khatami, Expräsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani und dem offiziell unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussavi schon vor den Wahlen.

Rafsanjani ließ dies sofort offiziell zurückweisen. Abtahis Tochter sagte, ihr Vater sei unter Drogen gesetzt, Freunde sagten, Abtahi hätte "gehirngewaschen" gewirkt. Auch der Publizist Mohammed Atrianfar zeigte sich reumütig. Die Proteste hätten den "Feinden des Iran" gedient, sagte er. Mussavi betonte daraufhin in einer Aussendung, dass die Oppositionsbewegung eine rein iranische sei.

Die Prozesse finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, zugelassen ist nur die willfährigste aller iranischen Nachrichtenagenturen, Fars, sowie TV und Radio, die Ausschnitte sendeten. Medienwirksam wurden Personen in den Gerichtssaal gesetzt, die den "Mann von der Straße" repräsentieren sollten. An den Aussagen der Angeklagten, die am 14. Juni verhaftet wurden, konnte man erkennen, dass sie von den Ereignisse im Iran während der vergangenen vierzig Tage keinerlei Wissen hatten.

Die Absicht des iranischen Regimes scheint klar: Durch die Diskreditierung der Reformpolitiker und ihre "Geständnisse" soll der Weg zum Verbot der drei existierenden Reformparteien geebnet werden. Klassisch ist auch die Benennung des Trios Rafsanjani, Khatami, Mussavi als Masterminds, die natürlich aus dem Munde eines Angeklagten, Abtahi, kommen musste. Ein nächster Schritt wäre die Anklage gegen zumindest Khatami und Mussavi, die vom reaktionären Organ Keyhan lautstark gefordert wird.

Rafsanjani ist inzwischen ans Schwarze Meer gereist, das heißt, er wäre heute, Montag, nicht zugegen, wenn Religionsführer Ali Khamenei Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad mit einer zweiten Amtszeit betraut. Da Rafsanjani Chef zweier wichtiger politischer Gremien ist - des Experten- und des Schlichtungsrats - wäre dies ein Affront. Vereidigt soll Ahmadi-Nejad am Mittwoch werden. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 03.08.2009)