Wu-Tang: "Chamber Music"
RZA und der Clan melden sich aus einer längeren Durststrecke zurück, allen voran der wunderbare Jammerer Ghostface Killah. Begleitet von der Liveband The Revelations veröffentlicht man mit deftigen Funk-, Southern-Soul- und Kampfmönch-Filmanleihen eines der überzeugendsten Statements im HipHop der letzten Jahre. Das ist zwar, weiß Gott, nicht schwer, aber für einen zeitgenössisch interpretierten Willie-Mitchell-Hadern wie I Wish You Were Here bitte alle 50 Cents dieser Welt an den Clan überweisen. Respekt! (E1 Music)

Link:
www.wutang-corp.com

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Arvo Pärt:  "In Principio"
Klassik-Snobs gilt der estnische Komponist als Mann des kompositorisch leichten Fachs. Sie tragen ihm gar Vergleiche mit Richard Clayderman ein. Wie allerdings auch dieser Sammlung aktueller für Chor und Orchester geschriebener Kompositionen beweist, inszeniert Pärt, scheinbar simpel und doch komplex gebaut, eine Form kranker christlicher Musik, die mehr dem Irrsinn und Wahn als der Güte und dem Verzeihen verpflichtet ist. Das Stück La Sindone bezieht sich übrigens auf das Grabtuch Jesu in Turin. Von dessen Echtheit schwärmt neuerdings ja auch wieder der Vatikan. Grundgütiger! (ECM/Lotus)

Link:
www.ecmrecords.com

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Heaven & Hell: "The Devil You Know"
Südlich des Himmels gibt es auch immer was zu tun. Ronnie James Dio, Tommy Iommi, Geezer Butler und Vinny Appice dürfen sich zwar nicht Black Sabbath nennen. Das vorliegende Album muss allerdings nach dem aus steuerrechtlichen Gründen vorgetäuschten Hirntod von Ozzy Osbourne als würdiges Testament dieser großen, erhabenen wie intellektuell ungefährdeten Metal-Band gelten. Schwere Planierraupen-Riffs, eine alternde Diva als Sängerin - und in bedrohlichen Songs wie Atom And Evil, Eating The Cannibals, Bible Black oder Rock And Roll Angel die dümmsten Texte des 21. Jahrhunderts: ein mächtiger Beweis, dafür, dass Rock'n'Roll eine Jause für schwer erziehbare Kinder ist. (Roadrunner)

Link:
www.heavenandhelllive.com

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Cluster: "Großes Wasser"
Das siebte, ursprünglich 1979 veröffentlichte und jetzt neu aufliegende Album dieser heute noch wegweisenden deutschen Formation. Eingespielt in der Besetzung Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius, erleben wir den Krautrock in später elektronischer Blüte. Zurückhaltende Instrumentalstücke streifen bei Kraftwerk auf der Suche nach Daten-Highways ebenso wie ein bisschen dringlich gerockt und jede Menge Ambient-Wohlklang verbreitet wird. Nicht das wichtigste Cluster-Album, aber ein sehr schönes! Am Do., 6. August, treten Cluster übrigens in Lunz am See auf! (Bureau B)

Links:
www.moreohrless.at
www.bureaub.com

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Moritz von Oswald Trio: "Vertical Ascent"
Der große alte Mann des deutschen Techno versucht sich nach seinen revolutionären Dub-Neudeutungen mit Rhythm & Sound und Remixen von Ravel und Mussorgsky jetzt am Übertritt repetitiver Maschinenmusik in den freien Jazz. Gemeinsam mit Vladislav Delay und Max Loderbauer wird auf Grundlage gebrochener House- und Dubbeats also improvisiert und auf dem Mischpult ediert. So wagemutig wie überzeugend. (Honest Jon's Records)

Link:
www.honestjons.com

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Wingless Angles
Legal heute leider schwer zu bekommen, werden wir Zeuge einer 1995 von Keith Richards aufgenommenen Nyabinghi-Rastafari-Session, nachts droben in den Bergen über Ochos Rios. Gemeinsam mit Reggae-Legende Justin Hinds und jeder Menge Perkussion wie himmlischem (und stark eingerauchtem) Chorgesang hören wir wunderbar beseelte Traditionals wie Rivers Of Babylon, We Shall Overcome oder On Mount Zion I, Morning Train oder Keyman. Keith Richards hat übrigens hörbar den Festrausch ausgefasst. Überraschung! (Island Records Jamaica)

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Mos Def: "The Ecstatic"
Der New Yorker Rapper macht kurz einmal Pause von Hollywood (16 Blocks, Hitchhiker's Guide To The Universe, Brown Sugar...) und veröffentlicht das drittbeste Album seiner Karriere. Ein rasanter Mix aus klassischem HipHop, Jazz-Einsprengseln und Samples türkischer, arabischer und indischer Musik. Dazu eine Prise modischer Baile Funk. Das ergibt neben Chamber Music vom Wu-Tang Clan das zweite HipHop-Album des Jahres. (Downtown Music)

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Slow Club: "Yeah So"
Das britische Duo (nicht zu verwechseln mit Hansi Langs letztem Projekt) produziert entzückenden Pop zwischen Wald & Wiesen-Folk, fröhlichem Sixties-Tschingeltschängel, traurigen Klavierballaden und einem Schuss Rockabilly und Johnny Cash beim Zugfahren. Alles schön hintereinander und nicht gleichzeitig gespielt. Sehr nett. (Moshi Moshi/Universal)

Link:
www.moshimoshimusic.com/artists/slow-club

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Daniel Johnston: "Welcome To My World/The Music Of Daniel Johnston"
Krankheit als Weg. Der irre wie berührende US-Songschreiber sucht die Liebe in der Welt und entdeckt dabei die Monster und die Dunkelheit. Man Obsessed, Don't Let The Sun Go Down On Your Grievances, DevilTown, Lennon Song.... Aufgenommen ist diese gute Werkschau in teilweise schludriger Qualität. Die Songs stecken allerdings weite Teile des folkigen Werks eines Neil Young locker in die Tasche. Jetzt mal so als denkmalgeschüttelte Behauptung. (Eternal Yip Eye Music/Hoanzl)

Link:
www.hihowareyou.com

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Mangoloa Electric Co.: "Josephine"
Auch Jason Molina hat tüchtig Neil Young gehört, allerdings eher dessen Tonight's The Night-Phase. Wie dieser Klassiker entstand auch Josephine im Schatten eines Band-Toten. Die Lieder sind dem 2007 bei einem Wohnungsbrand gestorbenen Bassisten Evan Farrell gewidmet. Zwischen Country-Rock, Gospel und Americana angesiedelt, geht es traurig, aber nicht zu traurig um die großen Fragen: "Hope dies last." (Secretly Canadian/Trost)

Link:
www.magnoliaelectricco.com

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