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Narbengesicht Mond, schwer getroffener Begleiter der Erde

Foto: APA/EPA

Kopenhagen - Das erste Zeitalter der Erde - das Hadaikum - wurde nach Hades, dem griechischen Gott der Unterwelt, benannt: Wohl um auf die "höllischen" Ereignisse anzuspielen, in deren Verlauf sich aus kosmischem Staub und Gas allmählich ein Planet formierte. Dieses Zeitalter war vor etwa 4,6 bis 4 Milliarden Jahren und es endete nicht mit einem Paukenschlag, sondern einem ganzen Trommelfeuer: Die ganze Zeit über absorbierte die Urerde durch einschlagende Kometen und Asteroiden Materie - vor etwa 4,1 bis 3,8 Milliarden Jahren schließlich in Form eines letzten großen Dauerbeschusses, des sogenannten "Late Heavy Bombardment" (LHB).

Steinerne Zeitzeugen

Weithin sichtbare Narben des LHB (das Merkur, Venus und Mars in gleicher Weise betraf) trägt der Mond heute noch, auf der Erde hingegen haben Plattentektonik und Erosion die Spuren verwischt. Untersuchtes Mondgestein, das während der "Apollo"-Missionen gesammelt worden war, war es auch, was die Forschung überhaupt auf die Spur des Großen Bombardements geführt hat. Altersproben zeigten, dass das Gestein vor etwa 3,9 Milliarden Jahren durch eine Reihe von Impakt-Ereignissen aufgeschmolzen worden sein muss.

Vergleichbar altes Gestein lässt sich aber selbst heute noch auch auf der Erde finden - in Grönland, wo dänische Forscher sich nun an eine Analyse machten, was genau damals auf Erde und Mond eingeschlagen ist. "Wir können die Krater auf der Mondoberfläche mit freiem Auge sehen, aber niemand wusste genau, was sie verursacht hat - Felsen, Eisen oder Eis", sagte Uffe Gråe Jørgensen vom Kopenhagener Niels Bohr-Institut gegenüber dem "New Scientist". Anders ausgedrückt: Ob es eher Asteroiden oder großteils aus Eis bestehende Kometen waren. Und das ist wichtig - denn Eiskometen würden die gängige These stützen, dass die Ozeane der Erde ihr Wasser aus dem Weltraum importiert haben.

Iridium-Analyse

Jørgensen und seine Kollegen nahmen sich zur Klärung der Frage den Iridium-Gehalt des grönländischen Gesteins vor. In kosmischen Objekten wie Asteroiden oder Kometen kommt dieses Metall in deutlich höherer Konzentration vor als an den erreichbaren Stellen der Erde - deshalb, weil das erdeigene Iridium im Zuge der Planetenbildung Richtung Erdkern abgesunken ist. Aber auch wenn sowohl Asteroiden als auch Kometen Iridium auf die Erde transportiert haben, hinterlassen sie es doch in unterschiedlich starkem Ausmaß. Weil Kometen viel mehr flüchtige Elemente enthalten und in der Regel mit höherer Geschwindigkeit einschlagen als Asteroiden, erzeugen sie gigantische Wolken, die deutlich mehr Substanz in den Weltraum zurück schleudern als bei Asteroideneinschlägen. Asteroiden würden den Berechnungen der Forscher zufolge eine 100 bis 1.000 Mal höhere Konzentration an Iridium-Teilchen zurücklassen als Kometen. Tatsächlich ist die gemessene Iridium-Konzentration im grönländischen Gestein zwar etwa zehnmal so hoch wie die NASA-Angaben über analysiertes Mondgestein, liegt damit aber dennoch in etwa derselben Größenordnung - und weit entfernt von den Konzentrationen, die Asteroiden hinterlassen müssten.

Vor zwei Jahren präsentierten japanische Forscher eine alternative Hypothese über die Entstehung der irdischen Ozeane: Ihnen zufolge könnte die Erde ursprünglich eine Wasserstoffatmosphäre gehabt haben, die im Lauf der Zeit mit Oxiden des Erdmantels reagierte und so Wasser bildete. - Die Untersuchungen Jørgensens hingegen stützen die gängigere Hypothese vom Kometenregen, der der Erde ihr Lebenselement bescherte. Ungefähr 3.400 Tonnen Material aus Eiskometen müsste pro Quadratmeter auf der Erde eingeschlagen sein, berechneten die Dänen. "Höllisch" in der Tat. (red)