Eines muss man Martin Graf lassen: Der Dritte Nationalratspräsident lässt sich immer etwas Neues einfallen, um zu provozieren. Den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, nennt er quasi „Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus". Die Empörung ist groß. Dann fühlt er sich an den „antifaschistischen Grundkonsens" nicht gebunden. Wieder Empörung. Nun will er eine Volksabstimmung zur Rückkehr Südtirols zu Österreich. Anecken um jeden Preis, Stören als Kalkül.

Man mag hoffen, dass dem Freiheitlichen einmal die provokanten, teilweise skandalösen Thesen ausgehen. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Mit seinem jüngsten Vorstoß hat er einmal mehr unter Beweis gestellt: Der Mann gibt keine Ruhe. Da ist schon die Hoffnung chancenreicher, dass die ÖVP doch noch einlenkt und eine Abwahl des Dritten Nationalratspräsidenten ermöglicht. Geschieht das nicht, wird Graf weiterhin Rücktrittsaufforderung nach Rücktrittsaufforderung sammeln und sie gleichsam wie Trophäen in seinem Burschenschafter-Milieu vor sich hertragen.

Eines darf aber im Streit um seine Person nicht übersehen werden: Graf ist nicht der rechte Einzelkämpfer im hohen Staatsamt. Was er sagt, denkt seine Partei - zumindest gibt es keine Einsprüche. Das ist das eigentliche Problem. Graf betätigt sich nur als Provokateur, als einer, der schaut, wie weit man gehen kann. Die Rest-FPÖ beobachtet das. Und das Erschreckende in Österreich ist ja, wenn man etwa die ständigen Asyldebatten sieht: Es kann sehr weit gehen. (Peter Mayr, DER STANDARD Printausgabe, 27.7.2009)