Verfassungsschutz warnt vor Islamisten und Neonazis.

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Wien - Gemessen an Strafanzeigen sind rechtsextreme Umtriebe im Vorjahr markant gestiegen. Linksextremistische Taten haben leicht abgenommen. Die größte Gefahr für den Staat Österreich geht nach wie vor vom islamisch motivierten Extremismus aus - auch wenn derzeit keine konkreten Hinweise auf Anschläge in der Alpenrepublik vorliegen. Das ist der Sukkus des neuen Staatsschutzberichtes, der am Freitag im Innenministerium präsentiert wurde.

  • Rechtsextremismus: Im Berichtsjahr 2008 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) insgesamt 845 einschlägige Anzeigen verzeichnet, was im Vergleich zu 2007 einen Anstieg von elf Prozentpunkten bedeutet. Die Palette reichte von rechtsextremen und rassistischen SMS und E-Mails über Sachbeschädigung und Schmieraktionen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Letztere allerdings in einem geringeren Ausmaß als in vergangenen Jahren. Anzeigen nach dem Verbotsgesetz sind mit 360 Fällen in etwa gleich geblieben.

Fekter für ein "Wir-Gefühl"

Generell zeige die Neonazi-Szene "entgegen der Zurückhaltung der letzten Jahre Tendenzen, sich verstärkt in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Innenministerin Maria Fekter (VP) hat das BVT mit einem nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus betraut. Gerade die Vorfälle im ehemaligen KZ Ebensee hätten gezeigt, dass rechte Umtriebe dem Ansehen Österreichs schaden. Fekter: "Wir wollen ein Wir-Gefühl ohne jeglichen Extremismus."

  • Linksextremismus: Mit 64 Anzeigen, ein Großteil davon wegen Schmieraktionen und Vandalismus, gingen linksextrem motivierte Straftaten um rund zehn Prozent zurück. "Innerhalb der Szene verlaufen ideologische Bruchlinien, deren Grundlagen sowohl in weltanschaulichen als auch in agitatorischen Differenzen zu finden sind" , erklärt BVT-Direktor Peter Gridling. Linksradikale Einigkeit werde nur "im Kampf gegen rechts" demonstriert.
  • Terrorismus: Wie schon in einem Standard-Interview im vergangenen Mai äußert Gridling große sorge um junge, muslimische Österreicher, die radikalisiert werden und teilweise sogar Terror-Trainingscamps in Pakistan und Afghanistan absolvierten. "Manche davon sind noch nicht einmal 20", so Gridling. Zur Anzahl "schlafender Zellen" in Österreich wollte er keine Angaben machen. Es sei eine Illusion, zu glauben, dass islamistischer Terror nur von außen komme. "Das Internet spielt eine große Rolle bei der Mobilisierung" , so der Staatsschutzchef.

Ausdrücklich warnte Gridling vor unbegleiteten Wüstentouren im Maghreb-Gebiet, wo nach wie vor Entführungsgefahr bestehe. Auch der türkisch-kurdische Konflikt ziehe sich immer wieder bis Österreich, fünf Brandanschläge wurden im Vorjahr verzeichnet.

  • Sonderfall Tschetschenien: Als Reaktion auf die Ermordung des tschetschenischen Politflüchtlings Umar I. Anfang 2009 geht der Verfassungsschutz genauer auf die Situation ein: Eine Gruppierung in Wien versuche, Flüchtlinge zur Rückkehr nach Tschetschenien zu bewegen. Eine andere Gruppe wiederum treibe Gelder für tschetschenische Separatisten ein.
  • Militante Tierrechtsgruppen: Die Verfassungsschützer sind überzeugt davon, dass mehrere Verhaftungen im Vorjahr dazu geführt hätten, dass die Anzahl von Anzeigen danach merklich zurückgegangen ist. Wie berichtet, wird den mittlerweile aus der U-Haft entlassenen Tierrechtsaktivisten die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen, sie weisen alle Vorwürfe zurück. Noch gibt es nicht einmal einen Termin für einen Gerichtsprozess. (Michael Simoner, DER STANDARD, Printausgabe, 18.7.2009)