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Ein emotionalisierter Expräsident Rafsanjani bei der Predigt. Internationale Agenturen waren nicht zugelassen, Fotos sind rar.

Foto: Reuters/IRIB via Reuters TV

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Das die internationalen Nachrichtenagenturen nicht aus dem Iran über die Proteste berichten dürfen, bietet Reuters auf dem Portal "Your View" Usern die Möglichkeit, Bilder zu veröffentlichen. Auch dieses Foto stammt von dort.

Foto: Reuters/via Your View

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Die Aufnahme zeigt einen Milizionär, der einem Demonstranten eine Tränengas-Pistole an die Schläfe hält. Die Nachrichtenagentur AP weist bei ihren aktuellen Iran-Bildern darauf hin, dass die Fotografen keine AP-Mitarbeiter sind.

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Teheran/Wien - Als eines der größten Freitagsgebete, die es je in Teheran gab, beschreibt es ein Augenzeuge dem Standard - zu dem allerdings nicht nur gläubige Muslime kamen, sondern auch Säkulare und sogar Christen und Juden, die sich vorher bei ihren Freunden Verhaltensmaßregeln geholt hatten. Seit Wochen hatte man auf eine öffentliche Stellungnahme von Expräsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani gewartet, der nun die Freitagspredigt in der Universität Teheran dazu nutzte. Unter den Zuhörern war auch der mutmaßliche Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni, Mir-Hossein Mussavi; auch er war zuletzt nur selten öffentlich aufgetreten.

Vor der Predigt hatten demonstrierende Anhänger Mussavis - die in ihren Parolen Rafsanjani dazu aufriefen, sein Schweigen zu brechen - versucht, in die Universität vorzudringen. Sie wurden von Sicherheitskräften mit Tränengas zerstreut.Es gab Schlägereien und Verhaftungen. Aber auch nach dem Gebet zeigten viele Besucher, in welches Lager sie gehören - auf einmal waren die grünen Bänder wieder da, die der Bewegung ihren Namen gegeben haben.

Die Predigt Rafsanjanis hatte zwei Teile, einen religiös-historischen und einen politischen, und in beiden erfüllte er die Erwartungen der Zuhörer. Er sprach über die Krise der Islamischen Republik, über die enttäuschten Hoffnungen der Wähler, er attackierte den Wächterrat, der Zeit und Gelegenheit gehabt habe, die Fehler bei den Wahlen zu korrigieren, und dies versäumt habe. Rafsanjani stellte sich deutlich hinter die seit dem 12. Juni Verhafteten, sie seien Teil des Iran und hätten hier etwas zu sagen. Unter Beifall verlangte er ihre Freilassung und Unterstützung für ihre Familien. Die Toten nannte er "Märtyrer" .

Die Höflichkeiten, die ihm der religiöse Führer bei seiner eigenen Predigt eine Woche nach den Wahlen widerfahren hatte lassen, erwiderte Rafsanjani nicht. Ali Khamenei hatte damals Rafsanjanis Bedeutung für die Islamische Republik gewürdigt. Bei Rafsanjani kam der religiöse Führer nur indirekt vor - etwa mit der Bemerkung, auch dessen Position sei in der Islamischen Republik eine gewählte. Damit unterstrich er die Bedeutung von Wahlen - und die Legitimierung der Islamischen Republik durch den Willen des Volkes.

Diese Botschaft geht klar an den Chefideologen, der hinter den Ultrarechten rund um Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad steht: Ayatollah Mohammed Taqi Mesbah Yazdi, für den die Legitimität allein von Gott stammt - in dessen Sinne der Volkswille auch schon einmal korrigiert, sprich gebeugt werden kann.

Mit Angriffen auf Rafsanjani aus dem rechten Eck ist in den nächsten Tagen zu rechnen: Anders als es einige Beobachter erwarteten, hat er sich nicht der Autorität Khameneis unterworfen. Auch Mussavi macht weiter, wie er am Dienstag bei einem Treffen mit den Eltern des von Sicherheitskräften getöteten Studenten Sohrab Aarabi verkündete, vor dessen Haus sich täglich tausende Menschen versammeln. Die "Grünen" in Teheran üben sich weiter in Subversivität, indem sie vor den TV-Abendnachrichten konzertiert Lichter und Geräte anschalten und so das Stromnetz zum Crashen bringen. Und seitdem bekannt geworden ist, dass Nokia dem Staat Abhörtechnik liefert, ist der Markt für Nokia-Handys zusammengebrochen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.7.2009)