Die Abkürzung ÖIAG könnte bleiben, sie passt für Österreichische Industrieholding wie für Infrastrukturholding AG.

Montage: Beigelbeck

Wiewohl mit der Performance der ÖIAG-Führung selbst unzufrieden, will die ÖVP die Staatsholding nicht auflösen, wie vom Kanzler gewünscht. Eine um ÖBB, Asfinag, Verbund bereicherte ÖIAG sei aber vorstellbar.

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Wien/Ankara - Des Kanzlers Rundumschlag gegen die Verstaatlichtenholding ÖIAG samt Schließungsappell für die staatliche Beteiligungsholding, sorgte auch am Montag für hitzige und kontroverse Reaktionen - aber auch für weiter gehende Vorschläge. Und die von Werner Faymann angekündigte Diskussion über die ÖIAG und die künftige Verwaltung staatlicher Unternehmen.

Während der für die ÖIAG ressortzuständige Finanzminister Josef Pröll seine Absage bekräftigte, baute Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner eine Brücke. Er erinnerte nach einem Pressegespräch anlässlich der Vertragsunterzeichnung der Erdgaspipeline Nabucco an "die Idee" einer neuen Infrastrukturholding unter Einbeziehung von ÖBB, Verbund und Asfinag, wie sie Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung seit vier Jahren entrieren. Mitterlehner warnte jedoch vor einer Diskussion zum falschen Zeitpunkt: "Man soll mitten in einem Prozess - AUA, Post - nicht die Spieler wechseln." Wann der richtige Zeitpunkt für neue Strukturen sei, wollten weder er noch Bundeskanzler sagen. Ex-Minister und Ex-ÖIAG-Vorstand Johannes Ditz (ÖVP) plädiert übrigens für die ÖIAG-Abschaffung.

Die Idee einer Infrastrukturholding von Asfinag, Bundesforste, ÖBB, OMV, Post, Raaberbahn und Telekom bis zur Verbundgesellschaft ist nicht neu. Sie war von der ÖIAG unter Karl-Heinz Grasser 2005 als "StandortAG" sehr konkret worden, aber an ÖVP-internem Widerstand gescheitert.

Seither schwimmt der Wunsch nach einer Neustrukturierung regelmäßig an die Oberfläche, ohne je realisiert zu werden - obwohl ein neues Verstaatlichtenkonstrukt in beiden Koalitionsparteien Befürworter hat. So auch diesmal. Während Kanzler Faymann und Verkehrsministerin Doris Bures die ÖIAG wegen des AUA-Debakels ersatzlos streichen und ihre Agenden in die ressortzuständigen Ministerien übertragen wollen, hält Pröll den Vorschlag vom Zeitpunkt her für "verfehlt" , und auch für "inhaltlich nicht richtig" . Wohl könne man über Details reden, das Grundkonstrukt aber für "sei in Ordnung" . Andere VP-Granden halten die rote ÖIAG-Attacke für ein AUA-Ablenkungsmanöver.

Aus VP-Klub und Finanzministerium kamen Stimmen, die eine Infra-ÖIAG nicht ablehnen, es sei aber "Frage der Bedingungen, unter denen eine solche Holding zustande kommen kann." Direkter Durchgriff, wie in der ÖBB Usus, sei undenkbar. Als "passender Zeitpunkt" wird das Auslaufen des Vertrags von ÖIAG-Chef Peter Michaelis im Juni 2011 genannt. ÖVP-Klubobmann Karl-Heinz Kopf kritisierte in der ZiB 2 den Zeitpunkt für die Diskussion über die ÖIAG-Auflösung, deren Spitze habe im übrigen einen "tollen Job" geleistet habe.

Die wirtschaftlich erfolgreichen ÖIAG-Jahre sind vorerst vorbei: Die Bilanz 2008 ziert ein Fehlbetrag von 632 Mio. Euro, er konnte nur durch Auflösung einer Rücklage von einer Mrd. Euro in 419,9 Mio. Euro Gewinn verwandelt werden. Die Dividende betrug 450 Mio. Euro. AUA-Kredit und Abwertung der AUA-Aktien schlugen mit 760 Mio. Euro zu Buche. (szem, ung, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.7.2009)