Kerstin Kussmaul und Jan Burkhardt nehmen sich zusammen mit dem Erik-Satie-Spezialisten Stephen Wittington (Australien) viel Zeit für das längste Musikstück der Welt: "Vexations" .

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Eine einzige Notenseite umfasst Erik Saties Komposition Vexations; und dennoch handelt es sich um das längste pausenlos aufzuführende Stück der Musikgeschichte: Genau 840-mal sollen eine Basslinie und ihre choralartig harmonisierte Version wiederholt werden, was beim vorgesehenen, sehr langsamen Tempo rund 21 Stunden dauert.

Schon die Zeitgenossen des eigenbrötlerischen Franzosen waren sich nicht einig, wie ernst das Projekt gemeint war, ob man es als Provokation, verrückt-geniale Idee oder als Scharlatanerie verstehen sollte. Inzwischen hat sich aber mehr oder weniger die Ansicht durchgesetzt, dass Satie eine visionäre Vorwegnahme avantgardistischer Konzepte gelungen ist: Vexations sprengt nicht nur alle bisherigen Rahmen von Musikwerken und Aufführungen, sondern fragt auch nach den Bedingungen von Wiederholung und Differenz.

Und das Stück fasziniert durch eine Musik, die auch nach dem x-ten Erklingen rätselhaft unnahbar bleibt. Das Choreografen-Duo Kerstin Kussmaul und Jan Burkhardt, das abwechselnd Klavier spielt und performt, macht das Publikum in seiner Raum-Klang-Performance zu Mitspielern: Durch ein Drehkreuz kommt man zunächst in einen Raum der Stille, wobei der Eintritt mit jeder Variation um drei Cent billiger wird.

Von dort gelangt man dann an den eigentlichen Ort des Geschehens. Jeder Besucher kann entscheiden, wie lange er bleibt, ob in einem eigenen Raum nur die Musik hört, ob er in die Bar geht - oder ob er wiederholt den Handlungsraum betritt. (Daniel Ender, DER STANDARD/Printausgabe, 14.07.2009)