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"Kleine Leute wählen normalerweise die SPÖ", so die Studienautoren. Doch gerade diese Wählergruppe würde nun eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage registrieren, und hätten sich deshalb für Hans-Peter Martin oder die FPÖ entschieden.

Foto: APA/Gindl

Die EU-Wahl liegt bereits mehr als einen Monat zurück und im täglichen Politik-Hick-Hack ist sie kaum noch ein Thema. Eine Nachwahluntersuchung der Paul-Lazersfeld-Gesellschaft, die jetzt präsentiert wurde, liefert nun Details zu politischen Einstellungen und Motiven der WählerInnen, und im Besonderen auch der NichtwählerInnen, deren Anteil bei den EU-Wahlen ja überdurchschnittlich hoch war.

Insgesamt wurden zwischen 15. Juni und 6. Juli 1.230 Österreicher befragt. Die interessantesten Ergebnisse:

  • Demographie: Bei den Wählern der SPÖ und der ÖVP ist ein Männerüberhang zu beobachten. Bei den Grünen und der FPÖ hingegen ein deutlicher Frauenüberhang. Wähler der Grünen und der FPÖ sind deutlich jünger als die Wähler der SPÖ und der ÖVP. Auch Hans-Peter Martin sprach hauptsächlich ein älteres Wählersegment an.
  • Die Nichtwähler sind tendenziell jünger als diejenigen Österreicher, die zur Wahl gegangen sind. Die Gruppe der 18- bis 35-jährigen ist stark vertreten. Die Nichtwähler plagen in stärkerem Ausmaße Existenzängste. Insgesamt haben 60 Prozent der Bevölkerung die Befürchtung, dass sie ihren Job verlieren könnten, bei der Gruppe der Nichtwähler sind es um noch einmal fünf bis sechs Prozent mehr. Zudem haben die Nichtwähler tendenziell eine niedrigere Ausbildung und ihr Vetrauen in politische Institutionen ist eher gering. Nichtwähler zeigen weniger Engagement in Vereinen, nur 25 Prozent sind in einem Verein aktiv. Bei den Wählern sind es 46 Prozent, die ein Engagement in Vereinen verfolgen. Für Sozialwissenschaftler Marc Bittner ein Zeichen dafür, dass bei den Nichtwählern "die soziale Integration in einem geringerem Ausmaß gegeben" ist. Übertrumpft werden die Nichtwähler hier nur von den FPÖ-Wählern, die zu 50 Prozent in keinem Verein aktiv sind.
  • Die Verluste der SPÖ haben keine nationalen Ursachen: "Die Sozialdemokratie hat überall schlecht abgschnitten", sagt Heinz Kienzel, geschäftsführender Obmann der Lazersfeld-Gesellschaft. Die Verluste haben eine gesamteuropäische Ursache, ist er überzeugt: die gemeinsame Krise, die alle europäischen Staaten erfasst hat. "Kleine Leute wählen normalerweise die SPÖ", erläutert er. Doch gerade diese Wählergruppe würde nun eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage registrieren, und hätten sich deshalb für Hans-Peter Martin oder die FPÖ entschieden. Es handle sich um Wähler, "die sich vom Staat etwas erwarten" und die "mit dem Anwalt, den sie in der Regierung zu haben glauben, unzufrieden" sind.
  • Zufrieden zeigten sich die Studienautoren mit der Wahlbeteiligung, die mit 46 Prozent zwar niedrig war, im EU-Schnitt liegt Österreich damit jedoch ex aequo mit Spanien an fünfter Stelle unter den 27 EU-Staaten. Die Wahlbeteiligung im ländlichen Raum war höher als in den Städten. Als Hauptgrund für die Teilnahme an der EU-Wahl gaben die Befragten an, dass man das Wahlrecht stets nutzen sollte. Nur 28 Prozent begründeten ihre Teilnahme an der Wahl mit einem bestimmten Kandidaten. (rwh, derStandard.at, 13.7.2009)