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"Mr. Dax" Dirk Müller rät, jetzt Werthaltiges zu kaufen: "Rohstoffe, Metalle - wo reale Dinge dahinterstehen."

Foto: APA/EPA/Rumpenhorst

Die Fragen an "Mr. Dax" stellte Bettina Pfluger.

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STANDARD: Haben wir aus der Krise bisher etwas gelernt?

Müller: Die Welt ist eine andere geworden, große Erkenntnisse sieht man aber noch nicht. Wir haben auch noch immer das Zinseszinssystem, das Ur-Problem der Wirtschaft. Dass der Zinseszins in die Katastrophe führt, wussten schon große Religionsführer, daher ist es in vielen Systemen verboten.

STANDARD: Spekulationen auf Kredit laufen wieder. Braut sich damit die nächste Krise zusammen?

Müller: Natürlich. Das geht so lange, bis die Staatsschulden korrigiert sind. Wenn es uns gelingt, das System mit einer endlosen Staatsverschuldung nochmal hochzureißen, hält das ein paar Jahre. Dann säuft uns der Karren erneut ab. Wir müssen das Schuldenproblem in den Griff bekommen.

STANDARD: Ist es sinnvoll, ein System das gerade zusammenbricht, mit aller Gewalt wiederherzustellen?

Müller: Das kann nicht Ziel sein, aber es gibt viel Interesse daran, es so aufrecht zu erhalten. Wir sind in der Krise schon sehr weit gelaufen, die Menschen sprechen über Währungsreform und darüber, dass das Geld nächstes Jahr eh nichts mehr wert ist. Jetzt weiter zu gehen wäre sinnvoll - statt alles für ein paar Jahre hochzuziehen, bevor der ganze Scheiß von vorne beginnt.

STANDARD: War es richtig, Lehman Brothers nicht zu retten?

Müller: Viele sind der Meinung, das Lehman nicht gerettet wurde, weil die Bank in Europa so ein hohes Engagement bei Kreditversicherungen hatte. Damit wurde die Brandfackel nach Europa gefeuert. Bis dahin war die Finanzkrise ein US-Problem. Die Panik, dass das ganze Finanz- und Wirtschaftssystem kollabiert, ist aber weg. Das stand unmittelbar vor der Türe, da ging es um Stunden. Nicht um Tage, um Stunden.

STANDARD: Als Folge wurden Superaufsichten und mehr Regulierung gefordert. Was davon ist passiert?

Müller: Nichts. Es wird auch nichts passieren. Es wird ein paar kosmetische Korrekturen geben, damit man sagen kann, man hat etwas getan. Es wird nichts kommen, das wirklich schmerzt, weil die, die davon betroffen wären, mit am Verhandlungstisch sitzen.

STANDARD: Was ist die Chance an der jetzigen Krise?

Müller: Dass die Bevölkerung versteht, was passiert. Dass Menschen fragen, wie das Zinssystem funktioniert und warum wir jedes Jahr so ein großes Wachstum brauchen. Vielleicht erreichen wir den Punkt, an dem die Leute sagen, wir haben die Schnauze voll. Henry Ford hat gesagt: "Würden die Menschen verstehen, wie das Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution - schon morgen früh" .

STANDARD: Soll, kann man jetzt wieder Aktien kaufen?

Müller: Man kann wieder anfangen. Es muss aber Werthaltiges gekauft werden: Rohstoffe, Metalle - wo reale Dinge dahinterstehen. Währungen und Staatsanleihen sind die nächste Blase, die platzen wird. Das ist die Mutter aller Blasen. Wenn die platzt, haben wir nicht nur ein Problem mit der Währung, dann wird das Geld von dort in den Rest fließen, der noch Wert hat.

STANDARD: Wann platzt diese Blase?

Müller: Wir sind schon mitten drinnen. Ist jemand hoch verschuldet und in wirtschaftlicher Not, muss er hohe Zinsen zahlen. Amerika hat die größte Verschuldung aller Zeiten, die höchsten wirtschaftlichen Risiken seit den 80er-Jahren, und dennoch haben sie die niedrigsten Zinsen auf ihre Staatsanleihen. Da laufen Risiko und Rendite weit auseinander. Und das wird übersetzt mit dem Wort Blase. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.7.2009)