Wolfgang Böck, Schwiegervater.

 

 

Foto: Stefan Smidt

Kobersdorf - Dass Joseph Haydn ein so lustiger Kampel gewesen wäre wie etwa sein Kollege Mozart, wird sich nicht wirklich behaupten lassen. Dass er eine, im Provinznest Eisenstadt auf den eigenen Schaffensautismus zurückgeworfene Kompositionsapparatur war, aber auch nicht. Jedenfalls nicht, nachdem man die diesjährigen Schlossspiele in Kobersdorf besucht hat. Dort präsentiert sich dieser Papa Haydn nämlich als ein, wenn schon nicht zer-, so doch hin- und hergerissener Womanizer, dessen Innovationskraft sich der unerfüllten Lebensliebe zur Schwägerin verdankt.

Eine Art Charakterstück ist "Der Kopf des Joseph Haydn" freilich nicht. Dafür aber eine flotte, bunte, teils wirklich witzige Revue, dessen Dreh- und Angelpunkt das sechsköpfige Tanzensemble ist, das keine Gelegenheit auslässt, mit Haydns Musik ordentlich Allotria zu treiben.

Dass dieses "Intrigenspiel mit Musik" zuweilen etwas unzusammenhängend Sketch an Sketch reiht, stört fast nicht. Denn so etwas ist ja erstens der Sinn einer Nummernrevue und zweitens nicht minder jene Schaufel, auf die man das Bild, das landläufig sich vom Papa Haydn gemacht wird, nimmt.

Selbst dass da ein rollstuhlfahrender "Herr namens Beethoven" (Heinrich Baumgartner) durchs Programm mehr irrlichtert als führt, passt durchaus, auch wenn es notgedrungen hin und wieder etwas belehrend gerät, weil dem Autor Michael Korth ansonsten ja die Geschichte aus dem Ruder gelaufen - oder gar aus den Fugen geraten - wäre. In ähnlicher Hinsicht hilfreich war das in seiner Schlichtheit sehr überzeugende, von geschickten Projektionen dominierte Bühnenbild von Erich Uiberlacker auf der neu installierten Drehbühne.

Günter Franzmeier zeichnet einen zuweilen etwas fahrigen Haydn, der mit den Frauen so seine liebe Not hat. Intendant Wolfgang Böck präsentiert sich quasi mit seiner handwerklichen Gesamtpalette, gibt einerseits einen etwas hölzernen Fürsten Esterházy, andererseits brilliert er als gemein-hinterfotziger, berechnender Haydn-Schwiegervater. Und als Intendant ist ihm mit dieser Uraufführung ein deutlicher Schritt in die von ihm intendierte Richtung gelungen, Kobersdorf ein wahrnehmbares Platzerl zu schaffen in der immer unüberschaubareren Sommertheaterei.

Schade deshalb, dass der Autor so manchen, von ihm selbst aufgelegten Stanglpass nicht verwertet. Unverständlich etwa, warum die Marseillaise, mit der das Stück beginnt, nicht mit der Kaiserhymne ins Duett kommt.

Und was ist mit dem Kopf? Der ist, so deutet es Michael Korth mit seinem Unwillen an, daraus einen dramaturgischen Bogen zu spannen, wohl eine andere Geschichte. Den Schädelforscher Gall, den hätte man gern im Rollstuhl des Herrn namens Beethoven gesehen. (Wolfgang Weisgram / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.7.2009)