Das Zeltlager der Aktivisten gegen den Bau eines Konzertsaals der Sängerknaben am Wiener Augartenspitz - in unmittelbarer Nachbarschaft des Open-Air-"Kino wie noch nie" - ist am Mittwoch in der Früh von der Polizei geräumt worden. Gegen 7.00 Uhr rückten die Einsatzkräfte an und trugen ein gutes Dutzend Demonstranten vom dicht bewachsenen Grundstück. Zu einer erneuten Demonstration fanden sich nach 15 Uhr Dutzende Baugegner ein.

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Der Gründstücksbesitzer, die Burghauptmannschaft als Verwalter für die Republik Österreich, hatte auf der Auflösung des Protests bestanden, so die Polizei in einer Aussendung: "Nach gescheiterten Verhandlungen verlangte die Burghauptmannschaft ausdrücklich die Entfernung der Besetzer."

Kritik an der Vorgangsweise äußerte SP-Bezirksvorsteher Gerhard Kubik, der die Ereignisse als "äußerst bedauerlich" bezeichnete. Kubik zeigte sich in einer Aussendung überzeugt, dass, wenn der Bund als Eigentümer des Areals sich an die vereinbarte Vorgangsweise gehalten hätte, es nicht so weit gekommen wäre. Geplant sei ursprünglich gewesen, einen Leitbildprozess durchzuführen und erst danach zu entscheiden, was im Augarten passieren soll: "Dieser Plan ist im Jahr 2007 leider vom damaligen Wirtschaftsministerium torpediert worden".

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"Stimmt nicht", erklärte dazu Burghauptmann Wolfgang Beer gegenüber derStandard.at. Es habe sehr wohl einen Leitbildprozess gegeben und man habe zwei Jahre lang mit Gegnern des Sängerknabenprojekts verhandelt. Das Ergebnis sei aber, dass eine bebaubare Fläche gibt. Die Sängerknaben würden ausnützen, was rechtlich möglich ist. Die Baugegner hätten die Flächenwidmung schon vor Jahren beeinspruchen können, so Beer, "oder die Politik hätte eine andere Entscheidung treffen müssen". Den aktuellen Widerstand findet Beer "unfair".

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"Uns ist nicht wirklich konkret erklärt worden, was die nächsten Schritte sind und mit welchen Beeinträchtigungen wir rechnen müssen. Wir können nur hoffen, dass der Sommerkinobetrieb nicht gefährdet wird", kritisierte Filmarchiv-Chef Ernst Kieninger (2.v.l.) gegenüber derStandard.at. Er sei von seinen Mitarbeitern informiert worden, dass das Sommerkino am Abend weiterhin zugänglich sein soll, so Burghauptmann Beer. Die Sängerknaben würden aber mit einer Wachmannschaft dafür sorgen, dass es zu keiner neuerlichen Besetzung komme.

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Erbost angesichts der Räumung zeigten sich die Aktivisten, die ihre Proteste fortsetzen wollen, wie sie in einer Pressekonferenz am Vormittag betonten. Der Ort werde nun noch mehr Aufmerksamkeit erhalten, so Raja Schwahn-Reichmann, Sprecherin des sogenannten "Josefinische Erlustigungskomitees".

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Rückendeckung erhielten die Konzertsaal-Gegner von den Grünen. Deren Kultursprecher Wolfgang Zinggl kritisierte, dass die Besetzung mit "unverhältnismäßiger Härte" beendet worden sei. Er kündigte beim Pressegespräch am Augartenspitz an, in Sachen Konzertsaal Kontakt mit VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner aufnehmen zu wollen. Die Planungssprecherin der Grünen im Rathaus, Sabine Gretner, versicherte, dass noch Genehmigungen für den Bau fehlen.

 

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Verteidigt wurde das Vorgehen der Behörde hingegen vom nicht amtsführenden VP-Stadtrat Norbert Walter. Der Rechtsstaat, so beharrte er in einer Aussendung, müsse auch im Augarten gelten. Er betonte, dass die Polizei zunächst mit den Aktivisten verhandelt habe. Erst als die Verhandlungen gescheitert seien, seien die Besetzer entfernt worden.

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Bereits am Dienstagvormittag rief die Künstlerin Raja Schwahn-Reichmann vom Josefinischen Erlustigungskomitee zu einer erneuten "lustvollen" Demonstration gegen die "kalte Enteignung des öffentlichen Raums auf".

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Dutzende Sympathisanten, darunter der Grüne Bezirksvorsteher Stellvertreter der Leopoldstadt, Adi Hasch, und Viennale-Direktor Hans Hurch, folgten dem Aufruf.

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Die Natalia Nelubova Band, die am Freitag im Porgy & Bess auftritt, steuerte eine spontane Musikeinlage bei.

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Auf der geräumten Baustelle im Eingangsbereich, wo die Probebohrungen durchgeführt werden sollen, steht derzeit ein einsames Mobil-WC.

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Der neu aufgerichtete Bauzaun und ein Wachdienst trennen die geräumte Baustelle vom Bereich, in dem das Sommerkino über die Bühne gehen soll. (APA/red)

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