Wien - Die Wiener Grünen haben entschieden, wie sie mit der großen Zahl sogenannter potenzieller "Unterstützer" umgehen, welche die Partei in den vergangenen drei Monaten regelrecht mit Anträgen gestürmt haben. Zwischen April und Juni habe man insgesamt 798 Anträge erhalten, doch nur die Hälfte davon wird aufgenommen, berichtete Landesgeschäftsführer Robert Korbei am Mittwoch der APA.

445 der Anträge kamen von der Initiative "Grünen Vorwahlen", die im Internet mobilisiert hatte. Aus dieser Gruppe wurden 230 aufgenommen, 215 hingegen nicht. Allerdings hätten 80 der Grüne-Vorwähler auf die erbetene Rückmeldung vonseiten der Partei gar nicht reagiert. Unabhängig von der Internetinitiative wurden weitere 139 Anträge von potenziellen Unterstützern angenommen, 159 abgelehnt. Bei 55 Anträgen habe es sich de facto um die gewünschte Aufnahme als Parteimitglied gehandelt, weshalb die Betroffenen noch in den Vorstand eingeladen würden.

Insgesamt schätzte Korbei, dass die Grünen von den 798 Antragstellern knapp 400 aufnehmen werden. Die hohe Zahl an abgelehnten Bewerbern gehe darauf zurück, dass diese Anträge offensichtlich als Freundschaftsdienst für einzelne Kandidaten gewertet werden müssten: "Einige waren mit der gleichen Schrift ausgefüllt und sind in einem Sammelkuvert gekommen." Manche hätten auf Nachfrage überhaupt nichts von ihrem Antrag gewusst. "Das hatte ein gewissen Beigeschmack", so Korbei.

Unterstützer können laut Parteistatut alljene werden, die sich mit den Grundsätzen der Grünen einverstanden erklären, worauf sie bestimmte Rechte erhalten, ohne Parteimitglied zu sein. Unter anderem können sie bei der Erstellung der Kandidatenliste für die Gemeinderatswahl 2010 mitvotieren. Zuletzt sei die Zahl der Unterstützer-Anträge allerdings 20 Mal höher gewesen als sonst üblich, so der Landesgeschäftsführer.

Anstieg der Mitgliedsanträge erwartet

Einen Anstieg der Mitgliedsanträge auf bis zu 300 prognostizierte Korbei noch vor der entscheidenden Landesversammlung im November, was aber immer so gewesen sei: "Wir erwarten schon im Herbst noch eine Häufung an Mitgliedsanträgen."

Inzwischen bastelt die Landespartei an einem neuen Präsentationsmodus für alle Kandidaten. Dieser soll künftig transparenter sein und unter Einbindung der Öffentlichkeit auch abseits parteiinterner Gremien stattfinden. Bisher habe das "Problem" darin bestanden, dass die Präsenz der Listenanwärter wenig wahrnehmbar gewesen sei. Diese habe sich jeweils nur auf eine Rede beziehungsweise einen Text für die Landesversammlung sowie auf eine Vorstellungsrunde bei einem "schwach besuchten Hearing" beschränkt, argumentierte Korbei.

Konkret soll ab Anfang September eine Internetplattform gelauncht werden. Erste Layoutentwürfe seien bereits über seinen Schreibtisch "geflattert", so Korbei. Ab Mitte August soll die Website befüllt werden. Damit habe jeder Kandidat die Möglichkeit, sich darzustellen. Für interessierte User gebe es keine Einstiegsbeschränkungen.

KandidatInnenprozess bis Mitte November

Der "KandidatInnenprozess", wie der Arbeitstitel des Projekts lautet, soll bis zum Tag der Landesversammlung am 15. November laufen. Internetinitiativen wie "Grüne Vorwahlen" hatten ihr Engagement unter anderem damit begründet, über den vermehrten Einfluss von Unterstützern auf die Liste potenzielle Kandidaten zu mehr Transparenz und Kontakt nach außen zu zwingen.

Korbei meinte, der Schritt in Richtung Online bedeute jedenfalls einen demokratischeren und gerechteren Prozess. Die Neuerung habe allerdings nichts mit den Forderungen von "Grüne Vorwahlen" und Co. zu tun, beteuerte er. Derartige Überlegungen gebe es schon seit einem Jahr. Ob das Präsentationsportal automatisch jenen Kandidaten Auftrieb gibt, die in der Öffentlichkeit weniger bekannt sind, wagte der Landesgeschäftsführer nicht zu prophezeien: "Es kann natürlich auch sein, dass es eher den Etablierten hilft, die es schon gewöhnt sind, sich selbst darzustellen." Falls dies ausschließlich der Fall sei, wäre man aber schon enttäuscht, weshalb die Innovation dann wohl noch einmal überarbeitet werden müsse. (APA)