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Daniel Kastner, Kicker und Pionier in Lettland.

Foto: REUTERS/Robert Zolles

Liepaja/Wien - Die Not gebiert zuweilen gute Lösungen. Und manchmal Pioniere. Ein solcher ist Daniel Kastner quasi, Fußballer aus Hallein und seit März erster österreichischer Profi in der Virsliga, wie das ballesterische Oberhaus in Lettland heißt. Kastner stürmt für Vizemeister Metalurgs Liepajas. Und weil nicht zuletzt der 27-Jährige bisher gut stürmt, mischt der Verein wieder ganz vorne mit. Kastner hält bei sechs Saisontreffern aus 15 Spielen, sein zunächst auf drei Monate befristeter Vertrag wurde Anfang der Woche bis Ende November verlängert. Da endet die lettische Saison.

Den Weg an die Ostseeküste, ins ehemalige kurländische Libau, hat ihm Manager Frank Schreier gewiesen. Beim mittlerweile wieder in der Regionalliga abgetauchten ehemaligen Zweitligisten SV Grödig war für Kastner im Frühjahr des Bleibens nicht länger. "Dort gab es nur Chaos", sagt der Vater einer vierjährigen Tochter. Ein Wechsel innerhalb Österreichs hat sich nicht ergeben, also rief Manager Schreier den Deutschen Rüdiger Abramczik an, den ehemaligen Flankengott von Schalke und Dortmund, der seit dem Vorjahr in Liepaja als Trainer wirkt. Abramczik, 2002/03 auch kurzzeitig nicht allzu glücklicher Coach des FC Kärnten, ließ Kastner drei Tage vortanzen und akzeptierte ihn für seine Mannschaft, die vorwiegend aus lettischen Teamspielern besteht. Als dritten Legionär neben einem litauischen und einem moldawischen Internationalen.

"Es war eine Notlösung", sagt Schreier über Kastners Wechsel in eine Liga, die sich zwar nicht finanziell, sportlich aber durchaus mit Österreichs Elite messen könne. "Es gibt keinen Klub, der mit Salzburg oder Rapid mithalten kann, aber im österreichischen Mittelfeld wären die zwei, drei besten lettischen Mannschaft schon gut aufgehoben", behauptet Kastner.

Er selbst hat schon daheim mitgehalten. In der Saison 2004/05 schoss Kastner für Austria Salzburg in 22 Bundesligapartien vier Tore. Dann kamen Red Bull, viele neue Spieler. Kastner wollte nicht zu den Amateuren, wechselte nach Ried, war aber nicht geduldig genug, auf einen Stammplatz zu warten. Es folgten Engagements in Schwadorf und eben Grödig an der Tauernautobahn.

Die geht Kastner zwar nicht wirklich ab, das Fehlen höherrangiger lettischer Straßen empfindet er aber als Problem. Die Entfernungen zu den Auswärtsspielen der Virsliga seien zwar nicht allzu groß, "aber wir sind im Autobus nur auf Landstraßen unterwegs. Da ziehen sich auch 200 Kilometer." In Liepaja selbst lasse es sich abgesehen von der Sehnsucht nach der Tochter gut leben. Kastner wohnt wie mehrere andere Spieler in einem Appartementhaus, der breite Sandstrand, das Meer liegen vor der Tür. "Momentan ist es hier eher wie im Urlaub", sagt er.

Russisch könnte helfen

Das 7000 Menschen fassende Daugava-Stadion von Metalurgs ist schmuck, aber bei Ligaspielen maximal mit 1500 Zusehern besetzt. Nur wenn Dynamo Tiflis am 16. Juli zwecks Qualifikation für die Europa League kommt, dürfte die Hütte voll sein. Und auch Scouts werden viele da sein. Lettland gilt in der Nachbarschaft als Reservoir für gute, günstige Spieler. Aus der Virsliga wird bevorzugt nach Russland gewechselt, weshalb Kastner auch Russisch lernen will. Auf dass die ursprüngliche Not nicht nur eine gute, sondern sogar eine perfekte Lösung gebiert. (Sigi Lützow, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 2. Juli 2009)