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Mit der Wirtschaftskrise ist der letzte große Einnahmenbringer der Österreichischen Bundesbahn auf dem Abstellgleis gelandet. Ein Ende des Frachtrückgangs ist nicht in Sicht.

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Während im Nationalrat um die ÖBB-Reform gefeilscht wird, verliert die Staatsbahn täglich Fracht und Geld. Der Einbruch im Transportaufkommen bringt den Gesamtkonzern in Schieflage, Geld fehlt an allen Ecken und Enden.

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Wien - Am Mittwoch beschäftigte sich der Verkehrsausschuss erstmals mit der ÖBB-Reform. ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier lobte die geplante Zusammenlegung der beiden ÖBB-Infrastrukturgesellschaften Bau und Betrieb als "Verfeinerung" der seinerzeitigen ÖBB-Reform 2004. In Details trennen die Koalitionäre dem Vernehmen nach aber noch einige Knackpunkte. Vor allem aber geht im Hintergrund auch um Postenbesetzungen.

Die Zeit drängt jedoch, die Reform ist dringend notwendig, um Schnittstellen zwischen Streckenausbau und -betrieb zu beseitigen. Mit der Verbeserung soll auch gespart werden; und das möglichst schnell, denn der Einbruch im ÖBB-Güterverkehr Rail Cargo Austria (RCA) bringt mittlerweile die ganze Bahn, also alle wichtigen operativen ÖBB-Gesellschaften gehörig unter Druck. Allein die für Fahrbetrieb, Trassenbereitstellung, Verschub und Schienennetzerhaltung zuständige ÖBB-Infrastruktur-Betrieb AG wird heuer laut Managementberechnungen um 45 Millionen Euro weniger Schienenmaut einnehmen - das ist um gut fünf Millionen mehr, als bereits im April befürchtet.

Rasant in die Verlustzone

Die Betrieb AG wird damit rasant in die Verlustzone brausen, denn Einnahmenkompensationen für die ausschließlich auf jährlich 1,006 Mrd. Euro Staatszuschuss und Einnahmen aus der Schienenmaut (Infrastrukturbenützungsentgelt, rund 460 Mio. Euro pro Jahr) angewiesene ÖBB-Betrieb-AG sind nicht in Sicht. Da sie laut ÖBB-Gesetz keinen Verlust machen kann und darf, wird ihre Schwester ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG wohl wieder einmal weniger Pacht bekommen. Auf den Überkapazitäten im Verschub, die RCA wegen des massiven Rückgangs des Transportvolumens - entgegen ihren Budgetplänen aus Dezember - nicht abruft, bleibt sie sitzen.

Massive Kostenausfälle registriert auch die ÖBB-Traktion (Zugbildung, Lokführer), die bereits in der Verlustzone herumkurvt. Auch sie hat Überkapazitäten im Personal zu verdauen. Negativ zu Buche schlägt darüber hinaus, dass aufgrund der Unterschätzung des Frachtrückgangs - im ersten Halbjahr tendiert das Minus im Güterverkehr eher in Richtung minus 25 Prozent statt 20 Prozent, die RCA-Chef Friedrich Macher seit Wochen kommuniziert. Allein bis Mitte Juni wurden zehn Millionen Tonnen weniger Fracht transportiert als im ersten Halbjahr 2008.

Durch die Bank Rückgang

Gemessen in Tonnen verzeichnen in den ersten sechs Monaten lediglich die Spezialtransporte für die Getränkeindustrie ("Mobiler" ) Zuwächse (plus 9,1 Prozent), reich wird die RCA damit freilich nicht. Selbst die hochsubventionierte Rollende Landstraße ging um 9,2 Prozent (oder 3,65 Mio. Euro an Nettofrachten) zurück. Die RCA gesamt liegt 62 Mio. Euro hinter Vorjahr. Das sich das mit Preiserhöhungen von bis zu 15 Prozent, die seit 1. Juli gelten, kompensieren lässt, bezweifeln Branchenkenner.

Einer näheren Betrachtung würdig ist vor diesem Hintergrund das angekündigte Sparprogramm in der RCA. Von den angekündigten 150 Mio. Euro fährt laut hochrangigen Eisenbahnern mehr als 70 Millionen der Frachtrückgang quasi von selbst ein. Andere Quellen beziffern den Minderbedarf an Verschub, Traktion, Zügen und Strom sogar mit bis zu 100 Mio. Euro. Dass ÖBB-Holding-Finanzchef Josef Halbmayr damit nicht zufrieden ist, wie gut informierte Quellen berichten, versteht sich von selbst. Auch im Konzern steigt die Nervosität. Denn für maßgebliche Einsparungen, die noch heuer wirken, ist es praktisch schon zu spät. Die Fusion von Bau und Betrieb soll vom Nationalrat zwar rückwirkend beschlossen werden, spart heuer aber nichts mehr. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7.2009)