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Klein, aber konsequent in der Ausbreitung: Ein Sample aus einer Superkolonie von Linepithema humile, die 2004 im Raum Melbourne entdeckt wurde.

Foto: REUTERS/Greg Ford/Handout

Tokio - Dass sie "Superkolonien" von hunderten Kilometern Länge bilden kann, ist schon länger bekannt - doch offenbar hat es die Argentinische Ameise sogar zu einem weltumspannenden Imperium gebracht. Ein japanisch-spanisches Entomologenteam um Eiriki Sunamura von der Universität Tokio untersuchte die verwandtschaftliche Nähe mehrerer Superkolonien der Tiere in Asien, Europa und Nordamerika, wie die BBC berichtet. Dabei kamen die Forscher zu dem Schluss, dass es sich im Prinzip um eine einzige "Megakolonie" handelt.

Sechsbeinige Völkerwanderung

Ursprünglich stammt die Argentinische Ameise (Linepithema humile), deren Arbeiter nur etwa drei Millimeter groß sind, aus Südamerika. Sie hat jedoch enorm von der Verkehrslogistik, die ihr der Mensch "zur Verfügung gestellt" hat, profitiert und mittlerweile sämtliche Kontinente mit Ausnahme der Antarktis besiedelt; selbst auf abgelegenen Inseln wie Hawaii ist sie nun heimisch. Gerne gesehen ist sie allerdings kaum irgendwo: Sie zählt zu den meistgefürchteten Bio-Invasoren überhaupt, zum einen weil sie einheimische Ameisen-Populationen verdrängt und damit die lokale Nahrungskette beeinträchtigt - zum anderen weil sie in Symbiose mit verschiedenen Pflanzenparasiten, deren Sekretabsonderungen sie als Teil ihrer Nahrung sammelt, lebt und diese dafür vor Raubinsekten schützt. Diese Parasiten wiederum können in landwirtschaftlichen Gebieten größere Ernteschäden anrichten.

Spektakulär sind die Superkolonien, die die Argentinische Ameise an mehreren Orten der Welt etabliert hat: Ketten von Nestern (jedes davon mit mehreren Königinnen), die einander nicht nur nicht bekämpfen, sondern zwischen denen sogar ein regelmäßiger Austausch von Mitgliedern stattfinden kann. Mehrfach wurde festgestellt, dass sich Arbeiter frei von Nest zu Nest bewegen, da ihre chemische Signatur, die den Verwandtschaftsgrad nach innen und außen markiert, praktisch identisch ist. Die größte dieser Superkolonien erstreckt sich über 6.000 Kilometer entlang der europäischen Mittelmeerküste, eine weitere, 900 Kilometer lange, in Kalifornien, eine dritte an der Westküste Japans.

Weltreich

... und das dürfte sogar nur die halbe Wahrheit sein, wie Sunamura berichtet. Das Forscherteam sammelte Exemplare von Linepithema humile aus diesen drei Superkolonien sowie aus zwei kleineren Superkolonien - eine davon in Katalonien, die andere im Raum um Kobe in Japan. Anschließend setzten sie jeweils zwei Tiere unterschiedlicher Herkunft einander gegenüber und warteten auf deren Reaktion. Das Ergebnis: Die Exemplare aus den kleineren Superkolonien reagierten auf alle Tiere von außerhalb feindlich - wie es bei Ameisen die Regel ist und auch bei der Argentinischen Ameise in ihrer ursprünglichen Heimat beobachtet werden kann. Die Forscher schließen daraus, dass diese Superkolonien von unterschiedlichen Ursprungspopulationen in Südamerika abstammen.

Angehörige der drei großen Superkolonien zeigten untereinander hingegen keinerlei Agressivität: Sie betasteten sich friedlich mit ihren Antennen und gingen einander auch nicht aus dem Weg. Kurz gesagt verhielten sie sich wie Angehörige derselben Kolonie untereinander. Die plausibelste Erklärung dafür lautet den Forschern zufolge, dass die Tiere tatsächlich eng miteinander verwandt sind: eine einzige große Familie mit unzähligen Milliarden Angehörigen. "Der enorme Umfang dieser Population ist nur der menschlichen Gesellschaft vergleichbar", fassen die Forscher ihre Ergebnisse im Magazin "Insect Sociaux" zusammen. (red)