Gemüsefelder und Weinberge, eingerahmt von grünen Hügeln - Salinas Valley im Herzen Kaliforniens ist ein friedlicher Ort. Doch in den Teichen und Tümpeln des Tals spielt sich seit Jahrzehnten ein stilles Drama ab: Die Konfrontation zwischen dem Kalifornischen Tigersalamander, Ambystoma californiense, und seinem aus Texas stammenden Verwandten Ambystoma tigrinum mavortium. Ein seltsamer biologischer Bruderkrieg, bei dem die Gegner buchstäblich miteinander verschmelzen.

"Es fing alles mit einem einzigen Mann an", berichtet die Biologin Maureen Ryan von der University of California in Davis. Ein Händler setzte vor rund 60 Jahren die ersten texanischen Lurchlarven in seinen Privatteichen aus und hoffte darauf, dass sich die Tiere kräftig vermehren würden. Das Ziel dieser Aktion: Die Larven sollten als Angelköder verkauft werden.

Die Neuankömmlinge zeigten sich in der Tat fortpflanzungsfreudig - und paarten sich auch gerne mit den einheimischen Tigersalamandern. Solche Liaisons hatten weitreichende Folgen, denn die Mischlinge erwiesen sich, wie die Proceedings of the National Academy of Sciences kürzlich berichteten, als überlebenstüchtiger als ihre Eltern.

Heutzutage gibt es im größten Teil des Salinas Valley praktisch keine "echten" A. californiense mehr. An ihrer Stelle haben sich die Hybriden aus Kalifornischen und Texanischen Salamandern ausgebreitet.

Die ökologischen Hintergründe und Auswirkungen dieser Verdrängung werden seit einigen Jahren von Forschern unter Leitung von Benjamin Fitzpatrick untersucht. Dabei kam u. a. die Bedeutung menschlicher Eingriffe in die Landschaft ans Licht. Texanische Tigersalamander sind eher an das Leben in feuchteren Gebieten angepasst als die Kalifornier. In künstlichen, ganzjährig mit Wasser gefüllten Teichen finden sie bessere Vermehrungsbedingungen vor als in sommertrockenen Naturtümpeln. Letztere wiederum sind die Domäne von A. californiense. Diesem Kontrast entsprechend haben sich die Hybriden dort breitgemacht, wo es viele von Menschenhand geschaffene oder veränderte Gewässer gibt.

Warum es allerdings auch kaum "reinblütige" A. tigrinum mavortium im Salinas Valley gibt, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Vielleicht sind die Mischlinge resistenter gegen die sommerliche Hitze Kaliforniens. "Sie haben eine höhere Temperatur-Toleranz, als ich erwartete", sagt Maureen Ryan.

Die Wissenschafterin aus Fitzpatricks Arbeitsgruppe war im vergangenen Jahr maßgeblich an einer Versuchsreihe zur Erforschung des ökologischen Einflusses der Salamander-Hybriden beteiligt. In künstlichen Kleinteichen brachten die Experten die Larven von einheimischen Tieren und Mischlingen sowie junge Kalifornische Molche (Taricha tortosa) und Kaulquappen von Pazifischen Chorfröschen (Pseudacris regilla) zusammen und warteten ab, was passieren würde.

Die Ergebnisse, die als Online-Vorabveröffentlichung der PNAS erscheinen, sind beunruhigend eindeutig: Die Anwesenheit von Hybriden senkte die Überlebenschancen von einheimischen Salamandern, Fröschen und Molchen erheblich. Auch wurden deren Wachstum und Entwicklungsgeschwindigkeit negativ beeinflusst.

Der beobachtete Effekt geht wahrscheinlich auf ökologische Konkurrenz zurück - und auf Raubtierverhalten (Predation). Die viel größeren Hybriden fressen nicht nur mehr (und größere) Jungmolche und -frösche, manche verspeisen auch gerne ihresgleichen. Diese "Kannibalomorphen" bekommen riesige Köpfe und Mäuler, erklärt Maureen Ryan. Und so werden sie zu einem ernsthaften Artenschutzproblem. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. Juni 2009)