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Stefan Petzner.

Foto: AP/Strauss

So dringend war es schon lange nicht: Jetzt müsste Jesus her! Wer sonst sollte ungeschehen machen können, was "Österreich" auf seinem Samstag-Cover gequält herausschrie - So starb Michael Jackson - und am Montag korrigierte: So starb Jackson wirklich. Und das waren nicht die einzigen Sterbenswörtchen, mit denen Wolfgang Fellner einer Schmutzkonkurrenz voraus war, die sich voll auf die Auferstehung der Prölls konzentriert: Bis heute hat Haiders engster Vertrauter, Stefan Petzner, zum Unfall geschwiegen. Aber auch dem Pressesprecher mit dem Flair eines Blunzengröstls könnte das Evangelium zum Sonntag, 28. Juni 2009, in der Interpretation des Kardinals für die "Krone"-Leser die Zunge gelöst und das Herz mit Hoffnung auf Störung der Totenruhe zugunsten des BZÖ erfüllt haben. Zwei Wundergeschichten steuerte Schönborn/Markus zu diesem morbiden Weekend bei, eine Totenauferweckung und eine Krankenheilung! Ich kann mir die beiden Szenen gut vorstellen. Jesus hat Wunder gewirkt. Dafür gibt es viele Zeugen. Sie können sich nicht alle getäuscht haben. Sie sind nicht einer Massenhysterie erlegen.

Umso weniger, als es damals weder "Österreich" noch die "Kronen Zeitung" gab. Die Totenauferweckung des King of Pop wäre dessen für den Herbst geplanter Tournee zweifellos förderlich, aber lange nicht so dringend gewesen wie die Krankenheilung an einem Herausgeber, der wiederholt breitgetretenen Quark mit der Behauptung, ÖSTERREICH-Interview löst enormes Echo aus, der Vergessenheit entreißen will. Hat Fellner nur Petzner zu bieten, so deutet Petzner wenigstens an, welch sinistre Gesellschaft Haider auf dem Gewissen haben dürfte: Genau einen Tag nach dem Tod von Jörg Haider ist von den Zirkeln der Mächtigen die Große Koalition besiegelt worden. Das heißt: Der Tod Jörg Haiders war die Geburtsstunde der Großen Koalition. Endlich versteht man, warum so wenig Segen auf diesem Unternehmen ruht.

Vielleicht würde sich auch beim Geburtshelfer der großen Koalition eine Totenauferweckung rentieren, hat er doch laut Petzner als erster und einziger Politiker Österreichs schon im September detaillierte Informationen über das Ausmaß der Banken- und Finanzkrise gehabt. Haider hat vor allen anderen gewusst, was da passieren wird. Und er hat gewusst, wie hochbrisant und explosiv diese Informationen sind, sie aber verheimlicht, denn da geht es um viele Milliarden und die wahren Mächtigen in der Welt, die an der Ostküste und sonstwo sitzen. Vor allem sonstwo. 

Gegen die Konkurrenz eines Blattes, das an einem Tag mit der Todesakte Jackson und der Wahrheit über Haiders Tod aufwarten kann, bedarf es schon starken Tobacks, um mithalten zu können. Da kam die nepotistische Idee Pröll & Pröll an die Staatsspitze, am Sonntag vom Urheber in Form einer Umfrage aufgewärmt, gerade rechtzeitig. Und wie nicht anders zu erwarten war, ergab sie: für die Mehrheit kein Problem.

Der journalistische Dienstbote, der dem Hundestreichler die Apporteln rascher zu Füßen legt, als er sie auswerfen kann, wusste auch warum. Bei der betulich dahinleiernden Schubert-Sonate vom Band in der Telefonzentrale der Präsidentschaftskanzlei bekommt jeder Anrufer gleich diese gewisse Ahnung vom konservierten Staub in der Hofburg, mag sich dieser neben dem konservativen Mief in der "Krone" auch wie eine erfrischende Brise ausnehmen. Und so ist es irgendwie stimmig, wenn eine überwältigende Mehrheit der Österreicher meint, der Einfluss des Bundespräsidenten auf das politische Geschehen sei eher gering, solange sie nur von feigen Politikern in der Meinung gehalten werden, der Einfluss des "Krone"-Herausgebers sei überwältigend.

Mit dem hat es nichts zu tun, wenn die Bedeutung des ersten Mannes im Staat erst über die vergangenen Jahre als sukzessive geringer wahrgenommen worden ist. Das mag einiges mit dem derzeitigen Amtsinhaber zu tun haben, vor allem, seit die SPÖ der Konkurrenz auf dem Boulevard zu viele Inserate zuschanzt. Umgekehrt schießt die Bedeutung des ersten Mannes in Niederösterreich in den Himmel. Manche sprechen ihn da jetzt schon als "Herr Bundespräsident" an. Diese Popularität konnte ihm leicht zuwachsen, seit er in der "Krone" seiner Volksverbundenheit mit dem Satz Ausdruck verleihen durfte: "Der eine liest halt, und der andere hat's vom Herrgott mitbekommen." 

Wenn der Messias nicht einspringt - einem von Dichand und vom Herrgott Gesalbten traut man auch eine Totenauferweckung zu. Da muss Fischer passen. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 30.6.2009)