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In der Basteihalle lagern die geretteten Grafiken. Kassetten schützten sie vor dem Wasser: Schröder präsentierte eine - samt falschem Hasen.

 

apa/epa/Techt

 

 

 

 

Alexander Ch. Wulz / Albertina

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Schröder erläutert bei der Pressekonferenz, wie es dazu kommen konnte, dass ...

AP Photo/Ronald Zak

 

Durch eigentlich gar nicht geplante Metalldächer, die der Leiter des Facility Managements, Helmut Myslik (hier bei der Pressekonferenz am Mittwoch), über den Regalen hatte einbauen lassen, wurden 120.000 Kunstwerke gerettet, "die sonst sehr leicht schwer beschädigt" hätten werden können - " bis zum Totalschaden", so Schröder. 

 

Myslik hatte die "seltsamen Blechdächer" als zusätzlichen Staubschutz einbauen lassen, "an Wasser hat dabei niemand gedacht", so der Facility-Chef, der sich mit der in Eigeninitiative beauftragten Konstruktion einen Status als Kunst-Retter gesichert hat.

 

Wäre das Wasser nicht von den Spitzdächern in die Zwischenräume der Hochregale abgeleitet worden, wäre es direkt auf und durch die Reihen auf die gesamten 83 untereinander angeordneten Tablare getroffen. Stattdessen sammelte sich das Wasser nun auf dem Boden, von wo es wenige Minuten nach dem ersten Alarm des Frühwarnsystems abgesaugt wurde.

 

Dennoch habe sich die zunächst als Vorsichtsmaßnahme angekündigte Totalevakuierung als Notwendigkeit entpuppt. (APA)

Am 23. Juni drang Wasser in das Depot der Albertina ein. Die Hälfte der 950.000 Kunstwerke wurde bereits evakuiert. Die Schuldfrage ist ungeklärt. Die Burghauptmannschaft lehnte eine bombensichere Decke ab.


Wien - Dass die Betenden Hände von Albrecht Dürer und all die anderen anbetungswürdigen Zeichnungen nicht nass wurden: Dies sei nicht nur ein "kleines Wunder", sondern "so etwas wie ein moderner Gottesbeweis". Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina, gestaltete die Pressekonferenz, zu der er am Mittwoch in den Musensaal lud, als Dankgottesdienst.

Noch einmal rekapitulierte er die dramatischen Ereignisse: Am 23. Juni um 8.51 Uhr meldeten die Leckage-Sensoren im Zentraldepot den Eintritt von Wasser. Wie sich später herausstellte, waren insgesamt 2100 Liter Regenwasser über drei Stellen im Flachdach in das Hochregallager eingedrungen.

Das in die Bastei integrierte Depot wurde von 1999 bis 2003 errichtet und 2006 in Betrieb genommen. Es beherbergte 95 Prozent des Sammlungsbestandes, darunter Meisterwerke von Michelangelo über Klimt bis zu Warhol.

Die Rettung der Preziosen scheiterte zunächst: Die beiden Roboter der vollautomatisierten Anlage fielen um 8.54 Uhr aufgrund eines Kurzschlusses aus, der durch einen Tropfen Wasser ausgelöst worden war. Ab 10 Uhr versuchte man, die ersten Kunstwerke manuell zu retten, was sich als kontraproduktiv herausstellte. Um 12.50 Uhr deckte die Feuerwehr bei strömenden Regen die Bastei mit einer riesigen Plastikplane ab: Von da an drang kein Wasser mehr ins Depot.

Um 15 Uhr endlich konnte mit der Auslagerung der 300 bedeutendsten Kunstwerke begonnen werden. In den vom Wassereintritt betroffenen Sektoren befanden sich insgesamt 120.000 Objekte.

Sie sind längst in der Basteihalle, in der zum Glück derzeit keine Ausstellung läuft, in Sicherheit. Am Mittwoch waren bereits knapp 50 Prozent aller Werke evakuiert. Die Totalräumung wird in rund acht Tagen abgeschlossen sein.

Zu dieser hatte sich Schröder entschlossen, weil die genaue Ursache (und damit die Frage nach der Schuld) noch nicht feststeht. Tatsache ist lediglich, dass das Wasser bei drei der vier Einlassöffnungen in der Decke eindrang. Diese waren in die Betondecke geschnitten worden, um die Roboter implantieren zu können.

Elisabeth Thobois, die Chefrestauratorin der Albertina, versicherte, dass keines der bisher geborgenen Kunstwerke Schaden erlitten hätte. Aufgrund der zu hohen Luftfeuchtigkeit hätten sich Blätter gewellt; die Gefahr von Schimmelbildung sei aber äußerst gering.

Rettende Blechdächer

Dass die größtmögliche Katastrophe derart glimpflich ausging, sei, so Schröder, einer rein "atavistischen Vorsorgemaßnahme" zu verdanken gewesen: Über den Regalen mit den tausenden Kassetten, in denen die Kunstwerke aufbewahrt werden, hatte man ohne logischen Grund - das Depot galt ja als wasser- und staubdicht - Blechdächer montiert. Das Wasser fiel daher nicht direkt auf die Kassetten aus Karton, sondern wurde in die Schächte abgeleitet.

Alfred Weidinger, bis 2007 Vizedirektor der Albertina und als solcher mit den Bauprojekten betraut, sagte dem Standard: "Die Architekten und das Bauunternehmen, die Porr, beteuerten immer wieder, dass die Decke wasserdicht sei. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen, sagten sie. Für mich gab es trotzdem ein Restrisiko. Deshalb wies ich an, die Blechdächer zu montieren. Deshalb ließ ich das Leckage-Warnsystem einbauen. Deshalb wurde auch eine Wasserabpumpanlage gekauft."

Dickere Decke abgelehnt 

Weidinger, nun bei der Esterhazy-Privatstiftung, sagt, er sei immer vom Worst-Case-Szenario ausgegangen. "Deshalb habe ich auch eine bombensichere Decke gefordert. Sie wurde aber von der Burghauptmannschaft als Bauherrn aus Kostengründen abgelehnt."

Burghauptmann Wolfgang Beer bestreitet dies nicht. Aber: "Weidinger hat seinen Wunsch nicht schriftlich beantragt." Dieser kontert: "Wir hatten ja kein Mandat, konnten nur Vorschläge machen. Der Wunsch nach einer bombensicheren Decke wurde in Bausitzungen geäußert - und protokolliert."

Errichtet wurde das Depot nach der Ö-Norm für Flachdächer; die Betondecke ist derart stark, dass sie von einem Bergepanzer befahren werden kann. "Eine Autobombe hält die Decke aus", sagt Beer.

Der Standard fragte beim nicht involvierten Architekten Wolfgang Vasko nach. Er sagt: "Die Uno rechnet mit Anschlägen - und definiert daher die Bombenstärke, der zum Beispiel die Uno-City trotzen muss. Mit einer besonders dichten Betonhülle hat man sehr wohl eine gewisse Sicherheit gegen das Eindringen von Wasser." (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7.2009)