Köln/Berlin - Das insolvente Versandhaus Quelle hat seinen Antrag auf den dringend benötigten 50-Millionen-Euro-Kredit von Bund und Ländern nachgebessert und wartet nun auf eine schnelle Entscheidung der Bundesregierung. Der Sprecher des Insolvenzverwalters Thomas Schulz sagte der AP am Freitag, die vom Bürgschaftsausschuss geforderten schriftlichen Ergänzungen seien inzwischen abgegeben worden. Man habe damit aus Sicht des Unternehmens alles Mögliche für eine positive Entscheidung der Bundesregierung getan. Jetzt müsse Berlin entscheiden.

Die deutsche Bundesregierung wolle zügig über den vom insolventen Versandhaus Quelle beantragten Massekredit entscheiden, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag. Für die Freigabe von Geldern der staatlichen KfW-Bankengruppe gelte aber die Bedingung, dass die Risiken überschaubar blieben und die Firma die notwendigen Sicherheiten bereitstelle. Zudem müsse der Bund als Gläubiger "erstrangig" bedient werden, wenn der Kredit platzt - und zwar noch vor den Förderbanken in Bayern und Sachsen.

Wachsende Kritik

Unterdessen wächst die Kritik an der Hängepartie für Quelle. Der deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg drängte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), rasch zu entscheiden. Quelle-Gesamtbetriebsratschef Ernst Sindel forderte ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Guttenberg sagte in Berlin, die Zahlen für das Versandhaus lägen längst vor, er verstehe nicht warum keine Entscheidung getroffen werde. Finanzminister Steinbrück entscheide doch sonst "immer sehr zügig". Der CSU-Politiker sagte, die Verhandlungen dürften nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausgetragen werden. Er hoffe, dass Steinbrück "jetzt nicht Wahlkampf macht, sondern an die Betroffenen denkt".

Im "Tagesspiegel" hatte Guttenberg eine Sonderbehandlung für Quelle abgelehnt und den Vorwurf zurückgewiesen, er verfolge regionale Interessen, weil der Stammsitz des insolventen Versandhauses im fränkischen Fürth liege. "Ich lege großen Wert darauf, dass es keine Sonderbehandlungen gibt", zitierte ihn die Zeitung.

Betriebsrat fordert Machwort

Gesamtbetriebsratschef Sindel sagte: "Hier muss jetzt eine Entscheidung her, und was mich wundert: Die Kanzlerin lässt sich überhaupt nicht hören und sehen". Dass Merkel kein Machtwort spreche, tue sehr weh.

Sindel kritisierte im Deutschlandradio Kultur, Quelle gerate zunehmend in die "Mühlen des Wahlkampfes". Steinbrück warf er vor: "Da gehen alle in Vorlage, nur unser Finanzminister nicht." Sindel sagte, er habe das Gefühl, dass der bayerischen Landesregierung, die von Anfang an habe helfen wollen, jetzt gezeigt werden solle, wer das Sagen habe. Sollte der Bund nicht helfen, werde Quelle die bayerische Landesregierung bitten, auch den Rest des Massekredites zu übernehmen.

Von den benötigen 50 Mio. Euro wollen Bayern 21 Mio. Euro und Sachsen vier Mio. Euro übernehmen. Die Bundesregierung hat zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Hilfe signalisiert, verlangt aber ausreichende Sicherheiten, wie Steinbrück betont hatte. Ohne den dringend benötigten Kredit müsste Quelle möglicherweise schon in Kürze das Geschäft einstellen.

Trotz der Hängepartie verzeichnet Quelle laut Sindel bisher keinen großen Einbruch im Geschäft. In den letzten ein, zwei Tagen sei aber eine zunehmende Verunsicherung der Kunden spürbar. Er könne allen Kunden versichern, dass bestellte Waren auch ausgeliefert würden, betonte er. (APA)