Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hat "offenbar größte Probleme, zwischen objektiver Berichterstattung und Kampagnenjournalismus zu unterscheiden": Das schließt der Redakteursrat des ORF aus einem Interview Faymanns.
"Man muss ehrlicherweise sagen, dass die Frage 'Krone-Kanzler oder Nicht-Krone-Kanzler' maßlos überzeichnet ist", sagte Faymann der "Tiroler Tageszeitung", die ihn nach dem Liebesentzug von "Krone"-Chef Hans Dichand fragte.

Faymann: "Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich dankbar bin für die Unterstützung, die ich in den schweren Stunden des Nationalrats-Wahlkampfes erfahren habe; das gilt für Hans Dichand, das gilt für andere Medien, das gilt für ORF-Redakteure."

Der ORF-Redakteursrat führt Faymanns Wahrnehmung auf "Nachwirkungen von zu schweren Zeiten" zurück: "Völlig entbehrlich und haltlos" nennen die ORF-Journalisten diese Haltung des Kanzlers; aber ebenso die Interpretationen anderer Parteien.

Kopf: "Inakzeptabler Vereinnahmungsversuch"

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf nannte Faymanns Aussage einen "inakzeptablen Vereinnahmungsversuch", "peinlich" zudem. Die FPÖ sah den ORF als "SPÖ-Propagandamaschine entlarvt", das BZÖ eine "entlarvende, fast schon naive Offenheit" des Kanzlers. Für SP-Klubchef Josef Cap hat Faymann nur Unabhängigkeit und Objektivität "der ORF-JournalistInnen und anderer Medien" gelobt. Die Objektivität der Krone erwähnt Cap da nicht extra, aber sie ist ja auch ein anderes Medium als der ORF.

"Nicht Kanzler einer Zeitung oder des ORF" nennt sich Faymann: "Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich auf Zuruf irgendeiner Zeitung irgendetwas zu machen habe." Am Tag davor erschien in der Krone eine vielseitige Werbebeilage des Kanzleramts. (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 27./28.6.2009)