Triest/Hamburg - Deutschland und die USA haben eine klare Botschaft an die Führung im Iran gesandt. Die Gewalt gegen die demonstrierenden iranischen Bürger bewege sich außerhalb jeglicher internationaler Normen, sagte US-Präsident Barack Obama bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zum Antrittsbesuch im Weißen Haus war. Beide Politiker forderten zugleich ein Ende des iranischen Atomprogramms. Die nukleare Bewaffnung des Irans müsse verhindert werden. "Die Uhr tickt", sagte Obama.

"Was im Iran geschieht ist absolut inakzeptabel", sagte Obama. "Wir sprechen mit einer Stimme gegen die Gewalt im Iran." Der US-Präsident lehnte die von Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad geforderte Entschuldigung wegen Einmischung in innere Angelegenheiten ab. Diese Forderung interessiere ihn gar nicht, erklärte Obama, der noch vor wenigen Wochen vor den Ausschreitungen dem Regime in Teheran mit "ausgestreckter Hand" Kooperationsbereitschaft signalisiert hatte.

Merkel: Nachzählen notwendig

Merkel sagte, das iranische Volk habe wie jedes andere auch ein Recht auf Demonstrationen und Meinungsfreiheit. Eine Nachzählung der umstrittenen Wahlergebnisse sei notwendig. "Wir werden auch alles daran setzen herauszufinden, welche Opfer es gibt", sagte Merkel. Dem Iran müsse im 21. Jahrhundert klar sein, dass die Weltgemeinschaft genau hinschaue, wie mit Demonstranten umgegangen werde. Aus eigener Erfahrung in der früheren DDR wisse sie, wie wichtig es sei, dass die Welt wahrnehme, wenn die Rechte von Menschen verletzt würden.

Beide Politiker machten zugleich deutlich, dass auch der Druck auf die Atompolitik weitergehen müsse. Gemeinsames Ziel sei, dass der Iran sich nicht mit Atomwaffen ausrüsten dürfe, sagte Merkel. Die internationalen Gespräche hierzu müssten unter Einbeziehung mit Russland und China fortgesetzt werden.

G-8-Chefdiplomaten verurteilen Gewalt

Zuvor hatte schon die G-8 das gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten nach der Präsidentenwahl verurteilt. Die Islamische Republik müsse grundlegende Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit respektieren, erklärten die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten und Russlands am Freitag bei ihrem Treffen im italienischen Triest.

Die innenpolitische Krise müsse rasch und im Dialog beigelegt worden, hieß es weiter. Die G-8 rief die Führung des Landes auf sicherzustellen, dass der Wille des Volkes in den Wahlen zum Ausdruck komme.

Ferrero-Waldner "besorgt"

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat sich in der Zwischenzeit besorgt über die Lage im Iran geäußert. Sie wolle sich zwar nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen, sagte Benita Ferrero-Waldner am Freitag dem Sender NDR Info. Gleichwohl müsse die Führung in Teheran zur Einhaltung von demokratischen Grundprinzipien ermahnt werden. Dazu gehörten etwa die Meinungs- und Pressefreiheit. Gewalt sei keine Lösung. "Wir betrachten das Vorgehen in Teheran mit sehr großer Sorge", sagte die EU-Kommissarin.

Die Europäische Union vertrete eine klare Linie. Die Botschaft an den Iran müsse Dialog heißen. Ferrero-Waldner wies zugleich den Vorwurf des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad zurück, der Westen schüre die Proteste. "Diese Anschuldigung ist absurd", sagte die EU-Kommissarin.

Suche nach Linie

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte zum Auftakt des G-8-Treffens vor einer Isolierung des Iran gewarnt. Dies sei "der völlig falsche Ansatz". Die Außenminister der acht führenden Industriestaaten wollten in Triest auch über die Lage in Afghanistan und Pakistan sowie über atomare Abrüstung sprechen. Zur Gruppe der G8 gehören neben Italien, das derzeit den Vorsitz führt, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Russland und die USA.

Die Außenminister waren am Donnerstagabend zusammengekommen, um ihre Position zur Gewalt gegen Demonstranten im Iran und der Verhaftungswelle nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadi-Nejad abzustimmen. Auch der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier setzt auf eine einheitliche Haltung der G-8. Das Treffen der Außenminister in der nordostitalienischen Stadt soll eigentlich der Vorbereitung des G-8-Gipfels vom 8. bis 10. Juli in L'Aquila in den Abruzzen dienen. Der Machtkampf in Teheran hat den Iran ins Zentrum gerückt.

Russland hatte bisher eine abwartende Haltung zu der Krise eingenommen und hält an dem Prinzip der Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran fest, heißt es im Auswärtigen Amt in Berlin. Dagegen sprach sich der französische Außenminister Bernard Kouchner vor dem Beginn des Treffens in Triest für "Festigkeit" der G-8 gegenüber Teheran aus. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner verurteilte am Donnerstag in Triest deutlich die "exzessive Gewalt" gegen Demonstranten und die Verhaftungen, betonte jedoch auch, sich "nicht in innere iranische Angelegenheiten einmischen zu wollen".

Wie zuvor bereits Italiens Außenminister Franco Frattini bedauerte Ferrero-Waldner, dass Teheran einer Einladung zum G-8-Treffen nicht nachgekommen ist. Das sei eine "verpasste Gelegenheit", denn auch für Afghanistan und Pakistan wäre es nach ihrer Auffassung wichtig gewesen, alle Länder in Triest an einem Tisch zu haben, die von den Konflikten in der Region betroffen seien. Italien hatte den Iran zu dem Treffen eingeladen, weil Teheran eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung Afghanistans und Pakistans spielen könnte. Der afghanische und der pakistanische Außenminister nehmen teil. (APA/dpa)