Wien - "Von Vorgaben wie dem Drei-Prozent-Ziel bei der Forschungsquote sollte man sich verabschieden", rät Karl-Heinz Leitner vom Austrian Institute of Technology (AIT) der heimischen Politik im Gespräch. Leitner ist Mit-Herausgeber eines neuen Sammelbandes des Departments Foresight & Policy Development, der statt "neuerlicher Rankings und bestimmten Indikatoren" frische theoretische Ansatzpunkte für die Forschungspolitik mit speziell österreichischem Blickwinkel verspricht.

"Wenn alle nur noch damit beschäftigt sind, irgendwelche Quoten zu erreichen, ist das zu wenig. Man braucht Bilder und Szenarien", fordert der Innovationsexperte. Die Motivation für das Buch sei der Versuch, "in jedem Beitrag Reflexion und theoretischen Hintergrund" zum namensstiftenden Thema Innovationsforschung und Technologiepolitik in Österreich und damit neue Gestaltungsmöglichkeiten zu liefern.

Entwicklung in der Innovationspolitik

In insgesamt 13 Beiträgen setzen die Autoren internationale Entwicklungen mit der österreichischen Perspektive in Verbindung, mit ganz unterschiedlichen Ausgangspunkten von Open bzw. User Innovation (Leitner) bis zur Frage "Was ist das 'Österreichische' an der österreichischen FTI-Politik?" (Gunther Tichy). Seit Leitners 2003 erschienenem Vorgängerwerk "Die 50 besten Innovationen Österreichs" mit dem Untersuchungszeitraum 1975 bis 2000 habe sich in der Innovationspolitik viel getan. "Es gibt mehr akademische Spin-offs wie etwa Intercell, und man sieht auch verstärkte Anstrengungen für Gründerinitiativen wie INiTS", greift der Autor ein Beispiel für eine positive Entwicklung heraus.

Potenzial

"Großes Potenzial" hingegen gebe es nach wie vor dabei, "aus Lowtech-Betrieben auch Innovatoren zu machen" oder beim Thema radikale Innovationen, das auch seitens der Föderinstitutionen stärker forciert werden sollte. Strukturell regt Leitner an, die Koordination zwischen den mit Forschung befassten Ministerien zu verbessern, auch in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern sei noch viel Spielraum vorhanden.

Gesamt-Strategie für Forschung empfohlen

"In der Zukunft sollte es auf jeden Fall eine Gesamt-Strategie für Forschung geben", unterstreicht Leitner dahingehende Forderungen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) aus dem jüngsten Evaluierungsbericht zur heimischen Förderlandschaft, wobei "missionsorientierten Themen mit adaptiver Zielanpassung der Vorrang gegeben werden sollte". Zusätzlich sollten viele Programme höher dotiert sein. "Etwa beim Thema Nanotechnologien und bei allem, was mit mehr Risiko zu tun hat, sollte man mehr Mittel flüssig machen."

Am Department Foresight & Policy Development betreibt man, wie der Name schon sagt, Technologievorausschau. Für kommenden Herbst ist die Errichtung einer "Foresight-Plattform" geplant. "Wir wollen diesem Thema insgesamt Gewicht geben", erklärt Leitner die Ambitionen seiner Abteilung. Insgesamt soll der Diskurs breiter werden, wünscht sich Leitner. "Weiche Formen der Steuerung gewinnen an Bedeutung", verweist er auf die Notwendigkeit, partizipative Prozesse wie Bürgerforen zu forcieren.

Forschungsthemen dafür muss man nicht erst lange suchen, die meisten liegen auf der Hand: "Klimawandel und die Auswirkungen, zum Beispiel auf den Tourismus, aber auch Zukunftsformen der Mobilität und alternative Energieformen wie Smart Grids werden uns beschäftigen." (APA)