Es geht jetzt ins Semantische. Der deutsche Verteidigungsminister, der 3500 Soldaten nach Afghanistan geschickt hat, nennt den Krieg mittlerweile einen Krieg, hält den Begriff aber nicht für ausreichend, um das zu beschreiben, was die Bundeswehr an Aufbauarbeit in Afghanistan leistet:"Wir würden, wenn wir nur über Krieg sprechen, uns nur auf das Militärische konzentrieren. Und genau das wäre der Fehler."

Tatsächlich aber haben die deutschen Soldaten ihre Taktik schon geändert und liefern sich mehr Gefechte mit den Taliban. Es ist die Stunde der Wahrheit in Afghanistan - und nicht nur für die deutsche Seite. Die US-Regierung unter Präsident Barack Obama korrigiert den Kurs im bald acht Jahre alten Krieg in Afghanistan, doch die Hypotheken der Vergangenheit muss sie noch tilgen.

Im Gefängnis der US-Armee auf dem Stützpunkt Bagram soll es ganz wie in Abu Ghraib im Irak zu schweren Misshandlungen gekommen sein, wie Recherchen der BBCergaben. Washington wird sich diesen Vorwürfen stellen müssen. Fehlbombardements und Nachlässigkeiten der Befehlshaber führten zu massiven Opfern unter der Zivilbevölkerung in Afghanistan und Pakistan. 60 könnten es allein beim Einsatz einer Drohne am Dienstag im Stammesgebiet Wasiristan gewesen sein - es wäre der folgenschwerste Angriff der USA überhaupt in dieser Region. Eine neue "taktische Anordnung" an ihre Bomberpiloten hat das Pentagon noch für die nächsten Tage angekündigt. Kein Risiko für Zivilisten, mehr Risiko für die Taliban heißt die Devise. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2009)