Wien - Ein rotes Feuerwehrauto, ein Security-Mann und ein versperrter Metallkoffer: keine Requisiten eines Actionfilmes, sondern die Fortsetzung von E-Voting, das bei den Hochschülerschaftswahlen im Mai österreichweit Premiere hatte. Nach dem offiziellen Ende von Papier- und Onlinestimmabgabe brachte der Leiter der Bundeswahlkommission, Bernhard Varga, die Festplatten vom Bundesrechenzentrum zur Firma Reisswolf: Dort wurden unter notarieller Aufsicht all jene Daten verschreddert und verheizt, die die Stimmabgabe nachvollziehbar machen könnten, erklärt Varga dem Standard.

Dass die Sache damit nicht erledigt sein würde, war dem Wahlleiter bewusst. Doch jetzt kommt mehr Arbeit auf ihn zu als erwartet: Im Gefolge der ÖH-Wahlen gibt es einen Einspruchsrekord. Varga rechnet mit bis zu 25 Anfechtungen. Insbesondere eine Eingabe des Verbands Sozialistischer StudentInnen beschäftigt die Juristen: Dort argumentiert man, dass laut Gesetz an einer Uni auch die Bundeswahl angefochten werden kann, obwohl es diese de facto seit der Änderung des Wahlmodus 2005 nicht mehr gibt. Der Gesetzeswortlaut sei unklar, befindet auch Varga, "das hat etwas für sich" .

Wenn früher etwas beeinsprucht wurde, gab es eine neue Auszählung, und die Wahlkommissionsmitglieder wurden zu Auffälligkeiten befragt. Mit E-Voting geht das nicht mehr, räumt Varga ein: "Man liefert sich dem Sachverstand der Techniker aus." Aber: "Ich bin überzeugt, ich glaube ihnen."

Neue E-Projekte

Zu Pannen ist es dennoch gekommen: So wurden etwa die Kurzbezeichnungen der wahlwerbenden Gruppen in der Onlineversion vergessen. "Abstimmungsprobleme" , die auch Technikleiter Robert Krimmer "nicht glücklich" machen. Er rechnet dennoch damit, dass die "Erfahrung in künftige Projekte einfließt" , "ob in fünf oder 30 Jahren" .

Die nächste Chance für E-Voting bei den Wirtschaftskammerwahlen 2010 wird ungenützt verstreichen. Bei Präsident Christoph Leitl steht das Thema frühestens für 2015 auf der Agenda, Christoph Matznetter vom SP-Wirtschaftsverband will die Anfechtungen abwarten, rechnet aber angesichts der hohen Briefwahlbeteiligung bei der WKÖ mit der Etablierung einer Online-Stimmabgabe. Auch Volker Plass, Chef der Grünen Wirtschaft, ist E-Voting "nicht abgeneigt" , er hätte aber "Probleme damit, wenn das andere Ende der Leitung in der Wiedner Hauptstraße (Sitz der WKÖ, Anm.) liegt" . (Karin Moser/DER STANDARD-Printausgabe, 25. Juni 2009)