Wien - Die diesjährigen Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) waren nicht nur jene mit der historisch niedrigsten Beteiligung (25,7 Prozent), es dürften auch jene mit den meisten Anfechtungen in der Geschichte der Studentenvertretung werden. Während es in der Vergangenheit in der Regel zwischen vier und sechs Einsprüche bei den Wahlkommissionen an den 21 Unis gab, dürften es nach dem ersten Urnengang mit E-Voting-Option bis zu 25 werden, so der Vorsitzende der Bundeswahlkommission, Bernhard Varga, am Mittwoch gegenüber der APA.

Allein an der Uni Wien gebe es diesmal vier Einsprüche, an den Technischen Unis in Wien und Graz seien es jeweils drei - bis jetzt, denn noch hätten nicht einmal alle Uni-Wahlkommissionen ihre Unterlagen an ihn weitergeleitet, so Varga. Spätestens im August sollte aber feststehen, wie viele Wahlen beeinsprucht werden. Sicher dürfte laut Varga allerdings sein, dass es so viele werden wie nie zuvor; er rechnet schlussendlich mit 20 bis 25 Einsprüchen.

Die meisten Beschwerden - bisher eingebracht durch die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), den Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und die Fachschaftslisten (FLÖ) - richten sich gegen die elektronischen Wahlen. Hauptsächlich werden die Anfechtungen argumentiert mit dem Fehlen der Listen-Kurzbezeichnungen auf den Internet-Wahlzetteln, datenschutz- und verfassungsrechtlichen Unsicherheiten und Problemen bei der Einsichtnahme in den Quellcode der E-Voting-Software.

1985 wurde Wahl wiederholt

Eine Wiederholung der Wahlen wäre außergewöhnlich, laut Varga ist dies erst einmal passiert: 1985 hat der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Urnengangs beschlossen, weil mit der "Aktion Neue Rechte" (ANR) eine Gruppierung zugelassen worden war, die gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung verstoßen hat.

Selbst bei einer Aufhebung der ÖH-Wahlen geht Varga aber nicht von einer Wiederholung vor dem regulärem nächsten Termin in zwei Jahren aus. Diese müsste spätestens sechs Monate vor diesem Termin stattfinden, was aber aufgrund des Fristenlaufs sehr unwahrscheinlich sei: Ab dem Einbringen des Einspruchs bleiben den Wahlkommissionen sechs Monate Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Wird der Bescheid der Wahlkommission durch eine der an der jeweiligen Uni kandidierenden Gruppen beeinsprucht (auch wenn nur eine Fraktion die Wahl anficht, dürfen alle Stellung nehmen), muss Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) - ebenfalls innerhalb von sechs Monaten - eine Entscheidung treffen. Dagegen können die wahlwerbenden Gruppen wiederum Einspruch erheben, die Entscheidung fällt dann am Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof. Sollte es dann zu einer Aufhebung der Wahl kommen, würde diese vermutlich zum ohnehin geplanten nächsten Wahltermin stattfinden.

Bundesminister entscheidet

"Neue Gedanken machen" muss sich die Wahlkommission laut Varga wegen der Anfechtungen der Bundeswahl durch den VSStÖ, schließlich gibt es eigentlich seit 2005 keine Direktwahl der Bundesvertretung mehr. Die Fraktion argumentiert allerdings, dass laut Gesetz auch an einer Uni die (indirekte) Bundeswahl angefochten werden kann, wenn es schwere Mängel gebe. Dieses Argument sei "nicht von der Hand zu weisen", so Varga. Nachdem es aber um das Bundeswahlergebnis gehe, werde in dieser Frage "wohl der Bundesminister entscheiden müssen" (APA)