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Kremsmünster - Bewohner stapeln Sandsäcke vor der Eingangstüre

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Bewohner in St. Leonhard versuchen überfluteten Keller auszupumpen

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Vom Wien-Fluss überflutete Straße

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Bewohner am Mittwoch in St. Leonhard

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Luftaufnahme von Ybbsitz im Bezirk Amstetten - Die Region steht ein Meter unter Wasser

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Überschwemmtes Ortskai in der Altstadt von Steyr heute Mittwoch

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Überschwemmungssituation in Spitz an der Donau

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In den Hochwassergebieten Österreichs kann Donnerstagfrüh zwar noch keine Entwarnung gegeben werden, allerdings sind die Pegelstände der Flüsse in Niederösterreich in den vergangenen Stunden an nahezu allen Messstellen leicht gesunken. Bereits am Abend gab es eine leichte Entspannung bei den großen oberösterreichischen Donauzubringern.

St. Pölten/Linz/Salzburg/Graz/Eisenstadt – Um die Mittagszeit hatte Josef Hofmarcher, Bürgermeister von Ybbsitz, wieder Zeit zum Durchschnaufen. Als ihn der STANDARD beim Mittagessen erreichte, lagen hinter Hofmarcher und der 4000-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Amstetten bange Stunden. Ab drei Uhr morgens war der Ort, der in einer Talsohle liegt, von der Außenwelt abgeschnitten, eine Bundesstraße überflutet, eine Landesstraße vermurt – eine Situation, die man in Ybbsitz eigentlich aus schneereichen Wintern kennt.

Wir brauchen neuen Hochwasserschutz

„Derzeit ist das Wasser auf dem Rückzug. Es regnet zwar nach wie vor, aber wir hoffen, dass keine zweite Welle mehr kommt", sagte Hofmarcher. Denn die erste „war extrem – ich habe heute schon mit vielen Ybbsitzern gesprochen, keiner aus dem Ort kann sich an so eine Hochwasserwelle erinnern".
Am Mittwochnachmittag rückte das Bundesheer mit 40 Mann an, um die ersten Spuren zu beseitigen. Und Hofmarcher denkt schon weiter: „Wir brauchen neuen Hochwasserschutz. Das kann die Gemeinde aber nicht alleine zahlen, da müssen Land und Bund mithelfen."

Ebenso überflutet war St. Leonhard am Forst (Bezirk Melk). Die Feuerwehr kämpfte mit mehr als 3.300 Mann gegen die Wassermassen. Das Militärkommando NÖ entsandte zunächst 200 Soldaten zum Assistenzeinsatz in die Wachau und ins Mostviertel, wo aufgrund der starken Regenfälle Ybbs, Enns, Melk, Erlauf, Traisen und Perschling über die Ufer getreten waren. In der Wachau waren beide Bundesstraßen entlang der Donau gesperrt.

Kein Krisenstab

Rund 3.000 Polizisten und 10.000 Feuerwehrleute stehen in den betroffenen Gebieten im Einsatz, informierte Innenministerin Maria Fekter bei einer Pressekonferenz. Seit Dienstag werde die Wetterlage laufend verfolgt. Ein Krisenstab werde vorerst nicht eingerichtet, entschied man bei einer abendlichen Sitzung. Wenn es keine wesentlichen Änderungen gebe, werde die nächste Beurteilung der Lage am Donnerstag erfolgen, hieß es aus dem Ministerbüro.

Zusätzlich sind in Niederösterreich 330 Soldaten in Oberösterreich 600 Soldaten im Einsatz. Insgesamt 10.000 Heeresmitglieder befinden sich in Alarmbereitschaft. Ebenso ist das Rote Kreuz in Einsatz. Betroffene, die Hilfe brauchen, werden ersucht, sich an ihren Bürgermeister oder an die nächste Rotkreuz-Dienststelle zu wenden.

St. Pölten: Zahlreiche Keller überflutet

Im Bezirk St. Pölten sind u.a. in Wilhelmsburg, Ochsenburg sowie entlang der Perschling zahlreiche Keller überflutet worden. An der Traisen wurden die Katastrophenschutzmaßnahmen aktiviert. Der Alpenbahnhof stand einen Meter unter Wasser, die kleinen Nebenflüsse im Stadtbereich sorgten für beträchtliche Überflutungen. Im Regierungsviertel drang Wasser in den unterirdischen Kollektortrakt des Landhauses an.

Niederösterreich: Situation entspannt sich

Die Prognosen für Niederösterreich konnten von den Meteorologen nach unten revidiert werden, so dass nun in den kommenden 48 Stunden die Niederschläge zwischen zehn und 40 Millimetern liegen sollten. Das Zentrum der stärksten erwarteten Niederschläge liegt neuerlich rund um das Einzugsgebiet der Enns und im Mostviertel, im Oberlauf der Ybbs und der Erlauf, wo die 30-Jahres-Hochwassermarke überschritten wurde.

Leichte Entspannung in Oberösterreich

Von einer leichten Entspannung an den größeren oberösterreichischen Donauzubringern berichtete Umweltlandesrat Rudi Anschober am frühen Mittwochabend. Die Donau selbst werde allerdings unterhalb der Enns-Mündung noch bis in die Nachtstunden weiter ansteigen. Laut den Prognosen des Hydrographischen Dienstes würden auch die Pegelstände in Linz, Schärding und Mauthausen weiter steigen. In Mauthausen würden nur noch wenige Zentimeter fehlen, bis der "Untere Markt" überflutet sei.

Die Einsatzkräfte in Oberösterreich erhielten am Mittwoch unerwarteterweise Stärkung von der Landes-SPÖ: Wegen des Hochwassers sagte sie die „Rote Nacht" im Linzer Bergschlössl ab. Das bereits gelieferte Buffet ging an die Feuerwehr.

Steiermark: Hatzendorf steht einen halben Meter unter Wasser

Im oststeirischen Bezirk Feldbach hatte sich die Situation "eingependelt": Hier sprach man von einem 40-jährigem Hochwasser in der Raab in der Oststeiermark, also einem Pegelstand, der im Schnitt rund alle 40 Jahre erreicht wird. Besonders betroffen war der Ort Hatzendorf: Hier traten Flüsse über die Ufer und setzten den Ortskern mit rund 50 Häusern etwa einen Meter unter Wasser. 60 Personen wurden von der Feuerwehr mit zwei Booten evakuiert. Eine Person musste aus einem abgetriebenen Auto gerettet werden.

Aus den Wassermassen im Kraftwerk Großraming im Bezirk Steyr-Land wurde Mittwoch die Leiche einer Grazerin geborgen. Die Frau war aber nach einem Raftingunfall bereits seit 9. Mai vermisst.

Extremer Hochwasserstand bei Sulm und Raab

Wie Robert Schatzl vom Hydrographischen Dienst des Landes Steiermark informierte, sei "HQ30", also ein Hochwasserstand, wie er rund alle 30 Jahre auftritt, an Sulm und Raab erreicht worden. "Hier tut sich Gewaltiges", so der Experte. Einige landwirtschaftliche Kulturen und Keller sind überflutet. Einige Ortschaften sind komplett abgeschnitten.

Evakuierungen in Klosterneuburg

In Klosterneuburg im Bezirk Wien-Umgebung standen wie immer die Siedlungen beim Strombad Kritzendorf unter Wasser. In Kritzendorf mussten nach Feuerwehrangaben 15 Objekte evakuiert werden, von den Fluten betroffen war auch Ex-Skistar Hans Enn.

Burgenland: Alarmierungen im Minutentakt

Im Burgenland mussten die Feuerwehren am Mittwochnachmittag ausrücken: In den Bezirken Jennersdorf, Güssing und Oberwart waren nahezu alle Wehren im Einsatz, um Keller auszupumpen, Häuser gegen Unterspülung abzusichern und Straßen zu säubern. Praktisch im Minutentakt erfolgte die Alarmierung zu neuen Einsätzen. Besonders betroffen war die Strem, auch Raab und Lafnitz sind stark angestiegen. Im Landesnorden wurde an der Leitha zu Mittag ein fünfjähriges Hochwasserereignis gemessen.

Salzburg: Keine Ausuferungen

Im Land Salzburg und hier vor allem in den nördlichen Landesteilen haben die Niederschläge ein enormes Ausmaß von über 130 Liter pro Quadratmeter erreicht, dennoch ist man mit einem blauen Auge davon gekommen. Der Pegelstand der Salzach überschritt noch einmal die Meldegrenze, zu Ausuferungen kam es aber wie schon am Vortag nicht. Im Landesfeuerwehrkommando wurden gut 70 Einsätze gezählt, die aber nur kleine, lokale Überschwemmungen betrafen, in erster Linie Keller oder kleine Bäche.

Mehr Regen, als normalerweise im gesamten Monat Juni

Innerhalb von 48 Stunden hatte es in Niederösterreichs und Oberösterreichs, sowie im Westen Wiens mehr Regen gegeben, als normalerweise im gesamten Monat Juni. Besonders hart getroffen wurden laut dem Wetterdienst UBIMET das Mostviertel und der Wienerwald, hier melden die Wetterstationen bereits jetzt mehr als die doppelte Niederschlagsmenge, wie im klimatologischen Durchschnitt.

„An den Wetterstationen in Seibersdorf, Langenlois, Allentsteig, Jauerling, Oberndorf/Mostviertel und Wels gab es seit Beginn der Messreihen vor 25 bis
59 Jahren im Juni noch nie so viel Regen", erklärt Stefan Eisenbach, Meteorologe bei UBIMET. Grund für die großen Regenmengen ist Tief „Qinton", das sich derzeit über dem Balkan befindet und feuchte Luftmassen vom Schwarzen Meer gegen die Alpen steuert.

Weiterhin feuchte Aussichten

Trockenes Sommerwetter ist auch in den nächsten Tagen nicht zu erwarten. Zwar zeigt sich ab Donnerstag schon häufiger die Sonne, es wird jedoch sehr schwül und vor allem an den Nachmittagen ist mit teils kräftigen Gewittern zu rechnen. Bis Donnerstag werden in Niederösterreich weiterhin flächendeckende Niederschläge von 30 bis stellenweise 100 Millimeter erwartet. Das Zentrum bleibt im Mostviertel sowie im Oberlauf von Enns, Ybbs, Erlauf und Traisen. Am Freitag und am Wochenende wird es zunehmend sommerlich mit Sonnenschein und Temperaturen bis zu 28 Grad, im Tagesverlauf steigt jedoch im gesamten Land erneut das Risiko für Schauer und Gewitter an.

Erstes Todesopfer in Tschechien

Die seit Tagen anhaltenden heftigen Regenfälle haben in Tschechien ein erstes Opfer gefordert. In Novi Jijin, im Osten des Landes, ertrank eine Frau am Mittwoch in den Hochwasserfluten eines Flusses, wie die tschechische Nachrichtenagentur CTK meldete. Nach Angaben eines Sprechers der Bergungskräfte stehen bereits hunderte Häuser in den Dörfern der Region unter Wasser, die Behörden hätten mit ersten Evakuierungen begonnen. Laut dem tschechischen Wetterdienst werden sich die Regenstürme voraussichtlich in den nächsten Tagen fortsetzen.

Keine Entspannung im Burgenland

Im Burgenland haben die durch die Regenfälle Wassermassen die Feuerwehren auch in der Nacht auf heute, Donnerstag, auf Trab gehalten. Seit Beginn der Regenfälle sind im Burgenland bisher bereits 226 von insgesamt 326 Wehren zumindest einmal ausgerückt, in der Früh waren noch immer 60 im Einsatz. Besonders von Überschwemmungen betroffen war der Raum Güssing sowie Strem im Südburgenland. Obwohl die Regenfälle im lauf der Nacht nachließen, sei die Lage an den Flüssen in einigen Bereichen noch absolut kritisch, hieß es vom Hydrographischen Dienst.

Die ganze Nacht über waren Feuerwehren im Einsatz, schilderte Michael Hauser von der Feuerwehralarmzentrale in Eisenstadt der APA. Wenn man pro ausgerückter Feuerwehr nur eine Gruppe rechne, komme man schon auf über 2.000 Kräfte. In der Zeit von 3.00 bis 5.00 Uhr sei es dann etwas ruhiger gewesen. Nach einer kurzen Atempause rückten viele Wehren in der Früh erneut aus. An den Flüssen im Burgenland gebe es immer noch Bereiche, wo die Situation "absolut kritisch" sei, so Karl Maracek vom Hydrographischen Dienst.

(APA/red, Andrea Heigl,Kerstin Schellerred, DER STANDARD Printausgabe 25.6.2009)