Die Erderwärmung ist in der Arktis deutlicher zu spüren als sonst wo auf der Erde: Die Temperatur dort stieg im letzten Jahrhundert um zwei Grad Celsius, während sich der Rest der Erde im Schnitt um etwa 0,8 Grad Celsius aufheizte. Die Folge: Das Eis schmilzt rapide. Der Umfang des Eises war etwa 2007 um knapp 40 Prozent geringer als im Durchschnitt der letzten dreißig Jahre. Dieser Trend hält an. Hat die Schmelze erst einmal ein gewisses Ausmaß erreicht, entsteht zudem eine negative Rückkopplung: Weil mehr dunkler Ozean zum Vorschein kommt, wird auch mehr Sonnenenergie absorbiert, was wiederum die Schmelzeffekte beschleunigt. Dieser so genannte Albedo-Effekt ist dafür verantwortlich, dass die Eisdecke ab einem bestimmten Zeitpunkt immer schneller schmilzt.

In zwanzig bis fünfzig Jahren, schätzen Experten, könnte die Arktis im Sommer völlig eisfrei sein. Diese neue Situation weckt das Interesse der Reedereien: Auf der sonst schwer zu befahrenden Nordostpassage etwa, die entlang der Nordküsten Europas und Asiens vom Weißen Meer bis zur Beringstraße führt, ließen sich auf dem Weg von Rotterdam nach Tokio ganze 5200 Kilometer einsparen, wenn man nicht mehr durch den Suez-Kanal müsste. (krä/DER STANDARD, Printausgabe, 24.06.2009)