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Lieber abwägend statt direkt: Bundespräsident Fischer.

Foto: APA/ Hans Klaus Techt

Wien - Vor fünf Jahren, fast auf den Tag genau, zog Heinz Fischer in die Hofburg ein - und seitdem schüttelten Verfassungsrechtler bloß einmal ihre Köpfe über das Staatsoberhaupt, nämlich als sich Fischer im Jänner 2008 weigerte, ein von Nationalrat wie Bundesrat abgesegnetes Gesetz zu unterschreiben. Dieser Akt kam einer präsidialen Premiere gleich, wie der Verfassungsexperte Heinz Mayer erklärt: "Damit hat Fischer als erster Bundespräsident das Parlament blockiert und mit der bisherigen Staatspraxis gebrochen - was unter Fachleuten nicht gerade unumstritten war."

Konkret stieß sich Fischer an einer rückwirkenden Strafbestimmungsklausel in der Novelle zur Gewerbeordnung, mit der - ganz im Sinne der EU - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung abgestellt werden sollte. Die rückwirkende Bestimmung erachtete dann auch der Nationalrat als reparaturbedürftig - und so wurde das ursprünglich geltende Datum tatsächlich geändert.

Ansonsten betätigte sich Fischer einige Male als oberstes Gewissen der Nation - zuletzt etwa in der Causa Martin Graf (FPÖ), weil der Dritte Nationalratspräsident im EU-Wahlkampf zur Diskussion stellte, ob der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, als "Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus" bezeichnet werden solle. Nach tagelanger Aufregung ging Fischer zwar nicht direkt auf die Ansichten Grafs ein, er verurteilte diese aber in seiner für ihn typisch vorsichtig-abwägenden Ausdrucksweise. "Es gibt keine Rechtfertigung und keinen Grund" , erklärte der Bundespräsident, "bestimmte Formulierungen und Verhaltensweisen oder bestimmte Hinweise auf eine Gesinnung, die sehr problematisch ist, zu bagatellisieren" .

"Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Thomas Klestil hat Fischer die Innenpolitik bisher nur sparsam kommentiert" , analysiert Mayer. "Und damit hat er es genauso gemacht, wie man das Amt ausführen sollte." Zur Erinnerung: Der überzeugte Großkoalitionär Klestil ("I prefer the big ones!" ) ließ während der Ära von Schwarz-Blau weder im In- noch im Ausland diverse Gelegenheiten aus, um seine bevorzugte Regierungskonstellation für das Land einzufordern. Fischer dagegen, zwar auch ausgemachter Fan der rot-schwarzen Zusammenarbeit, hielt sich zu Regierungsbildungszeiten stets nobel zurück.

Stattdessen versucht er ab und zu das EU-skeptische Volk zu beruhigen: Den Vertrag von Lissabon ließ Fischer von Experten ostentativ auf die Konformität mit der Verfassung prüfen, bevor er seinen Sanktus erteilte. Anfang Juni wiederum ersuchte er die Bevölkerung eindringlich um ihre Teilnahme an der EU-Wahl. In die Bredouille geriet Fischer jedoch, als er dem eingefleischten EU-Vertragsgegner Václav Klaus ein Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik verlieh. Den Huldigungsakt für den tschechischen Präsidenten verteidigte er in seiner für ihn typisch diplomatischen Art, und zwar so: Klaus habe "zweifellos Anteil am Aufbau der Demokratie" gehabt. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2009)