Während für die Wiener Grünen die belgischen Grenzwerte "vorbildlich" sind, sieht man im zuständigen Infrastrukturministerium keinen akuten Handlungsbedarf. Eine Senkung der Grenzwerte schließt Ministerin Doris Bures (SP) "für die Zukunft" zwar nicht aus, "aber natürlich nur auf Basis seriöser wissenschaftlicher Untersuchungen". Sie nehme die Sorgen der Bevölkerung "sehr ernst", sagt die Ministerin und beruhigt: "Bei Einhaltung der Grenzwerte kommt es zu keiner Gesundheitsbelastung". Bures beruft sich auf den "unabhängigen Wissenschaftlichen Beirat Funk", der jährlich internationale Studien prüft.

Zusammenarbeit

Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Wiener Grünen, bezweifelt die Unabhängigkeit des Beirats: "Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Mobilfunkbetreibern." Die Grünen fordern eine "unabhängige Studie, die Gegner und Befürworter erarbeiten". Ziel der Studie müssten "möglichst niedrige, gesetzlich verankerte Vorsorgegrenzwerte sein". Messlatte sind für die Stadtökos die Salzburger Werte von einem Milliwatt pro Quadratmeter. Weitere Forderungen der Grünen: Verankerung der Bürgermitsprache im Telekommunikationsgesetz und Information der Strahlungsintensität in Produktdeklarationen für Handy und Masten.

Die Wiener Freiheitlichen wollen die Umrüstung der 750 Handymasten auf Wiener Gemeindebauten auf niedrigere Grenzwerte. Wien habe bereits niedrige Werte, die 10 Milliwatt pro Quadratmeter würden in Prüfverfahren für jede Anlage festgelegt. Bei Überschreitung müssten Masten abgebaut oder umgerüstet werden, heißt es aus dem Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SP). Für Maresch sind die Wiener Grenzwerte "ein Schmäh", weil sie nur für den einzelnen Masten gelten. "Bin ich als Bewohner von mehreren Masten umgeben, komme ich auf viel höhere Werte." Bindend müsste, so Maresch, "die Summe der Werte" sein.

Handymasten sind für Standortvermieter ein Geschäft. Wiener Wohnen bekommt für die Mobilfunkanlagen auf Gemeindebauten vier Millionen Euro Miete jährlich. Das Geld fließt zu 25 Prozent in die Erträge des Wohnhauses, zu 75 Prozent ins Gesamtbudget. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 18 Juni 2009)