Wien - Die Koalition hat sich  auf die zuletzt noch strittigen Punkte beim Familienrechtspaket geeinigt.

Scheidungen neu geregelt

Künftig braucht es einen Notariatsakt, um die Aufteilung des ehelichen "Gebrauchsvermögens" (also z.B. Auto und Wohnung) zu regeln. Im Scheidungsfall soll diese Vereinbarung noch einmal vom Richter überprüft werden.

Dass dies zu einer schwerwiegenden Benachteiligung eines Partners führen könnte, schließt Justizministerin Claudia Bandion-Ortner aus. Sie verweist darauf, dass das zuständige Gericht unter bestimmten Umständen in die Vereinbarung der Eheleute eingreifen und zum Beispiel einer Frau mit mehreren Kindern ein Wohnrecht einräumen kann, obwohl die Wohnung dem geschiedenen Mann gehört.

"Keine Benachteiligung"

"Es ist sicher gestellt, dass der schwächere Teil nicht unter die Räder kommt", versichert die Justizministerin. Gleichzeitig wolle man Paaren aber die Möglichkeit geben, vor der Eheschließung Verträge über die Vermögensaufteilung im Scheidungsfall zu schließen. "Grundsätzlich sind Vorausvereinbarungen etwas Gutes. Sie beugen Rosenkriegen vor", betont die Ministerin.

Das Familienpaket wird bereits seit Jahren vorbereitet und wurde noch unter SP-Justizministerin Maria Berger im Vorjahr in Begutachtung geschickt, wegen der Neuwahlen aber nicht mehr beschlossen. Inhaltlich bringt das Gesetz u.a. mehr Rechte für Patchwork-Familien (Stiefeltern sollen künftig etwa Entschuldigungen für den Schulunterricht unterschreiben dürfen). Die Genehmigung medizinischer Behandlungen fällt entgegen erster Angaben nicht unter die neuen Rechte für Stiefeltern. Bei Adoptionen sollen die Gerichte künftig außerdem Strafregisterauszüge über das Umfeld der Adoptiveltern einholen.

Keine Beratungspflicht vor Scheidungen

Außerdem soll der staatliche Unterhaltsvorschuss bereits früher gewährt werden: Derzeit zahlt der Staat nämlich erst nach einem erfolglosen Exekutionsverfahren gegen einen säumigen Unterhaltspflichtigen. Das Justizministerium rechnet mit Mehrkosten von einigen 100.000 Euro.

Die im Vorjahr geplante, aber von der ÖVP abgelehnte Beratungspflicht vor einvernehmlichen Scheidungen kommt nicht. Stattdessen soll der Richter im Scheidungsverfahren nachfragen, ob eine Beratung in Anspruch genommen wurde. Wenn nicht, wird den Parteien noch Zeit für eine allenfalls noch gewünschte Beratung gegeben.

Die Gesetzesnovelle soll am Mittwoch in den Nationalrat eingebracht und noch vor der Sommerpause beschlossen werden.

"Entrümpelung"

Für Bandion-Ortner dient das Paket der "Modernisierung und Entrümpelung des Familienrechts". "Menschen mit neuen familiären Strukturen muss man helfen", sagte sie und verwies auf über 300.000 Lebensgemeinschaften in Österreich.

Bis Jahresende will Bandion-Ortner außerdem den "Kinderbeistand" vor Gericht umsetzen und einen Entwurf zur eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle vorlegen. Thematisiert werden könnte außerdem das immer noch geltende "Verschuldensprinzip" bei Scheidungen.

Für Patchworkfamilien bringe das neue Eherecht außerdem neue Möglichkeiten: So können Stiefeltern einfachen medizinischen Behandlungen ihres Stiefkindes zustimmen oder Entschuldigungen für die Schule unterschreiben. "Dinge des Alltags" sollen damit erleichtert werden. "Wobei die Rechte des tatsächlichen Elternteils nicht geschmälert werden sollen", versichert Bandion-Ortner. Außerdem werden überkommene Begriffe wie die "Morgengabe" des Gatten an seine Braut aus dem Gesetz gestrichen. Bandion-Ortner: "Das war totes Recht."

Diskutiert wird außerdem ein Abgehen vom vielfach als überkommen angesehenen Verschuldensprinzip bei Scheidungen. Bandion-Ortner dazu: "Unsere Sektion ist bereits in Gesprächen. Es wird überlegt, wie weit man vom Verschuldensprinzip abgeht. Da gibt es aber noch keine abgeschlossene Meinung."

Heinisch-Hosek erfreut

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat sich am Mittwoch "erfreut" über die Einigung der Koalition beim Familienrechtspaket gezeigt. Mit der Novelle, die noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden soll, werde "den neuen Lebensverhältnissen von Familien", insbesondere Patchwork-Familien, "Rechnung getragen", hieß es in einer Aussendung. (APA)