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Die von Ben Bernanke geführte US-Notenbank Fed bekommt von der US-Regierung mehr Macht als Aufpasserin über den Finanzmarkt verliehen. Im Notfall kann sie Unter-nehmen sogar auflösen.

Foto: Reuters/Jim Young

Mehr Staat, weniger Risiko, gleich viele Aufsichtsstellen. Das sind die Umrisse einer im Zuge der Finanzkrise entwickelten Neuordnung der Regulierung und Aufsicht des US-Finanzsektors. Sie wird heftig diskutiert. 

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Die US-Notenbank Fed soll in der weitestgehenden Finanzmarktreform seit der Weltwirtschaftskrise der 30er die oberste Aufsicht über die größten und am stärksten vernetzten Konzerne erhalten. Das kündigten US-Finanzminister Tim Geithner und Präsidentenberater Larry Summers in einem Gastkommentar in der Washington Post an.

Unternehmen stehen also nicht nur striktere Anforderungen an Kapital und Liquidität bevor. Laut dem von Geithner entwickelten Vorschlag soll die Fed im Notfall auch wankende Finanzriesen aufspalten, ja sogar auflösen können, um Systemschocks wie jene nach der Lehman-Pleite im Herbst zu verhindern. Bisher gab es in solchen Fällen nur die Wahl zwischen Kollaps und "Bail-out" (Schuldenübernahme durch Dritte).

Die Machtausweitung für die Fed hat aber Gegner auf den Plan gerufen, vor allem unter den Republikanern. Auch internationale Kritik ist zu erwarten, hat doch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vor der Politisierung der Fed gewarnt. "Wir hatten ein System, das zu instabil und fragil war, unser Schutz für Verbraucher und Investoren war zu schwach" , sagte aber Geithner am Montag in New York. Deshalb sollen künftig sowohl Kreditvergabepraktiken, als auch Verbriefungs- und Derivatmärkte stärkerer staatlicher Kontrolle unterliegen; strengere Kriterien fürs Kreditkartengeschäft gibt es schon.

Zur Enttäuschung vieler sieht Geithners Plan keine Konsolidierung der acht verschiedenen Finanzmarkt-Überwachungsstellen vor, die meist mächtige Fürsprecher in den für sie zuständigen Kongresskomitees haben. "Wir verpassen da eine Chance" , kritisiert Nouriel Roubini, Ökonom an der New York University. Geithner deutete aber an, dass er auf damit verbundene Machtkämpfe keine Energie verwenden wolle, auch wenn eine Straffung schön wäre: "Wir haben uns auf die Hauptprobleme in der Finanzkrise konzentriert." Abgeschafft werden soll nur die Sparkassenaufsicht OTS. Dafür sieht der Regierungsentwurf die Schaffung einer neuen Institution vor, die sich auf Verbraucherprodukte wie Kreditkarten und Hypotheken konzentrieren soll.

Kritiker, die die Vielzahl an Überwachungsgremien für Aufsichtslücken mitverantwortlich gemacht haben, sehen Geithners Plan positiv. Tim Ryan, Chef der Securities Industry and Financial Markets Association: "Wir haben seit Jahrzehnten zu viele Köche. Eine Institution mit letztem Entscheidungsrecht macht viel Sinn."

Um Konflikte und Lücken zu verhindern, plant die Obama-Regierung einen "Rat der Regulierer" , in dem alle Aufsichtsbehörden vertreten sind. Er soll auch ein Gegengewicht zur Fed bieten. Weitere Reformelemente: Hedgefonds müssen sich registrieren lassen, bevor sie um Geld werben, ab einer bestimmten Größe kommen auch sie unter Aufsicht.

Präsident Barack Obama kündigte für Mittwoch nur die Vorstellung "eines sehr starken Bündels von Regulierungsmaßnahmen an" ; selbiges muss dann der US-Kongress absegnen, zu Jahresende sollte es so weit sein. Geithner drängt: "Wir versuchen schnell zu handeln - solange die Erinnerung an die Krise noch frisch ist." (Georg Szalai, New York, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2009)