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Parteichef vor Gericht: "Es gibt kein Urteil! Es gibt einen Richterspruch, der nicht halten wird", sagte Westenthaler nach dem Prozess um die "Prügel-Affäre" im vergangenen Juli.

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Haider und Steger bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der FPÖ im Hotel Europa 1979. Jahrzehnte später stritt man vor Gericht, ob Haider weinte.

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BZÖ-Politiker Grosz versprach vor der Graz-Wahl 2008, die Stadt mit dem Hochdruckreiniger von Asylmissbrauch und Bettlern zu "säubern". Die Firma "Kärcher" wollte nicht mitmachen und drohte mit Klage auf Unterlassung.

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Peter Westenthaler war wirklich wütend. Es war keine inszenierte Empörung wie bei seinen Parlamentsreden, kein süffisantes Kampflächeln wie in manchem Interview. Nein, aufrichtig schien die Wut, die Westenthaler zur Schau stellte, als er am 29. Juli 2008 im Wiener Straflandesgericht in erster Instanz zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt wurde. Ob das Urteil rechtskräftig wird, entscheidet das Wiener Oberlandesgericht (OLG) an diesem Donnerstag.

Westenthaler, damals noch BZÖ-Obmann, war Beschuldigter in der sogenannten Prügelaffäre: Der Pressesprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger soll auf Westenthalers Anweisung eher unsanft aus einem Lokal begleitet worden sein - was der BZÖ-Politiker bestritt. Der Richter sah darin eine Falschaussage, Westenthaler wiederum einen "politisch gefärbten Justizspruch".

"Knie-Affäre"

Dabei könnte Westenthaler ein weiterer Prozess ins Haus stehen. Nach dem Länderspiel Österreich-Deutschland bei der Euro 2008 soll er einen Polizisten angefahren haben. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen schwerer Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Am 7. Mai lud sie den heutigen BZÖ-Sicherheitssprecher zur Beschuldigteneinvernahme, bestätigt die Staatsanwaltschaft Wien gegenüber derStandard.at. Eine Anklage werde noch geprüft. "Der Peter Westenthaler wird seit zweieinhalb Jahren von der Justiz durch den Kakao gezogen", beschwert sich Gerald Grosz, Weggefährte beim BZÖ.

"Care-Pakete"

Dass prominente Vorkämpfer ihre Ehre vor Gericht verteidigen, hat im Dritten Lager eine gewisse Tradition. Nicht selten werden sie aber auch selbst juristisch aktiv. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache klagte "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner, nachdem dieser im August 2007 behauptet hatte, der junge Strache sei bei einer Veranstaltung der rechtsextremen Wiking-Jugend in Deutschland verhaftet worden. Dazu publizierte er gleich verschwommene "Beweisfotos".

Strache räumte beim Prozess am Wiener Landesgericht ein, bei einer solchen Veranstaltung gewesen zu sein, aber lediglich Care-Pakete über die innerdeutsche Grenze geworfen zu haben. Urteil gibt es bis heute keines. "Wir einigten uns auf einen außergerichtlichen Generalvergleich", sagt FPÖ-Anwalt Johannes Hübner zu derStandard.at.

Jahrelange Prozesse

Fast zwei Jahre lang duellierte sich der Strache- und Westenthaler-Mentor Jörg Haider mit seinem einstigen Vorgänger als FPÖ-Chef, Norbert Steger, vor Gericht. Dabei hatte sich der Gegenstand des Rechtsstreits schon verflüchtigt: Haiders Tränen. Diese sollen dem verblichenen Kärntner Landesvater nach einer ORF-Sendung im September 2006 über die Wangen gekullert sein - was Steger prompt einer Tageszeitung berichtete.

Es folgte ein juristischer Wettkampf der Ex-FPÖ-Obmänner: Im November 2006 erwirkt Haider beim Handelsgericht Wien eine einstweilige Verfügung gegen diese Aussage und klagt Steger wegen Kreditschädigung auf Unterlassung und Widerruf. Steger kämpft dagegen beim OLG Wien an - dieses hebt die einstweilige Verfügung wieder auf. In petto hat Steger fünf eidesstattliche Erklärungen, die Haiders Weinen beschwören: zwei des FP-EU-Politikers Andreas Mölzer, je eine von FP-Nationalrat Peter Fichtenbauer und Walter Seledec (damals Zentraler Chefredakteur im ORF) sowie seine eigene.

Nachdem sich der Oberste Gerichtshof (OGH) auf Haiders Ansuchen nicht mit dem Fall befassen wollte (die Tränen des Landeshauptmanns seien „keine wesentliche Angelegenheit"), setzen die beiden studierten Juristen den Disput am Wiener Handelsgericht fort, wo Steger schließlich im März 2008 Recht bekommt. Er darf weiter berichten vom Weinen jenes Mannes, der ihn beim Innsbrucker Parteitag 1986 von der Spitze der FPÖ bugsierte.

Gucci-Affäre

Nicht nur Haider und Steger beglichen vor Gericht alte Rechnungen. Die Abspaltung der Haider-Gefolgschaft vom Parteiflügel um Strache und Mölzer befeuerte die Klagswut der Rechten.

Ab Juni 2006 jagte die FPÖ ihre ehemalige Parteichefin Susanne Riess-Passer, inzwischen als Generaldirektorin bei Wüstenrot gelandet, mit einer Schadenersatzklage von fast 600.000 Euro durch alle Instanzen. Es könne nicht sein, "dass Steuergeld, das zweckgebunden für politische Arbeit ist, in Nobelboutiquen landet", erklärte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky damals. Riess-Passer habe sich auf Parteikosten "Gucci-Taschen und nobles Schuhwerk" gegönnt. Allerdings: Das endlose Verfahren kam der Partei neuerlich teuer; zurück blieben ein - vom OGH bestätigter - Freispruch für Riess-Passer und kolportierte 400.000 Euro Prozesskosten für die FPÖ.

Lügender Landeshauptmann

FPÖ und BZÖ brauchen nicht unbedingt ehemalige Mitstreiter für gerichtliche Abenteuer. BZÖ-Politiker Grosz harrt gerade einer angekündigten Klage des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves. "Ich warte jetzt schon die achte Woche, aber mein Postkastl ist leer", höhnt Grosz im derStandard.at-Gespräch. Hintergrund: Grosz hatte über Verquickungen zwischen steirischer SPÖ-Stiftung, Arbeiterkammer und Bawag gemutmaßt und Voves der Lüge bezichtigt. Aus dem Büro des Landeshauptmanns heißt es, eine Klage sei "noch nicht vom Tisch".

Grosz ist Klagen ohnehin gewöhnt: Schon im Grazer Wahlkampf hatte ihm die Firma "Kärcher", Produzent von Hochdrucksreinigern, mit rechtlichen Schritten gedroht. Der steirische BZÖ-Frontmann wollte Graz "säubern" und "gewaltbereite Undemokraten mit dem Kärcher wegspritzen". Zur angedrohten Klage auf Unterlassung kam es aber nie.

Verhetzung

Im selben Wahlkampf sorgte auch die Mohammed-Rede der heutigen FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter für ein juristisches Nachspiel. Sie stand Mittwochnachmittag vor dem Berufungsgericht in Graz, wo ein Senat des Oberlandesgerichts entschied, dass das Urteil wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren vom Jänner hält (derStandard.at berichtete). Winter wurde zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro und einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Grosz selbst kann zumindest die Aufregung von "Kärcher" bis heute nicht verstehen. In anderen Fällen, räumt er ein, habe er möglicherweise auch mal "über das Ziel hinausgeschossen". Zu seinem - nicht rechtskräftig - verurteilten Parteifreund Westenthaler meint er: "Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist schon länger erschüttert." (Lukas Kapeller, derStandard.at, 17.6.2009)